Aufruf zum Tag des verfolgten Anwalts
Um gegen die Menschenrechtsverletzungen und gegen die systematische staatliche Verfolgung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten im Iran zu protestieren, rufen die EDA (Europäische demokratische Anwältinnen und Anwälte), die VDJ (Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.) und der RAV e.V. zur Teilnahme an der Kundgebung vor der iranischen Botschaft in Berlin-Dahlem, Podbielskiallee 67 am 9.12.2010 um 12.00 Uhr auf. Am Vortag des internationalen Tages der Menschenrechte werden Protestkundgebungen zu gleicher Zeit in Rom, Brüssel, Madrid, La Hague und Paris stattfinden.
Seit den Protesten gegen die Wiederwahl des Präsidenten Ahmadinedschad im Juni 2009 hat sich die Situation von Menschen, die ihr in der iranischen Verfassung festgeschriebenes Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wahrnehmen, dramatisch zugespitzt. Von dieser Entwicklung sind auch AnwältInnen zunehmend systematisch betroffen, wodurch sich die Situation aller, die staatlicher Gewalt und Repressionen ausgesetzt sind oder waren, besorgniserregend verschlechtert hat. In einigen Fällen sind mittlerweile die AnwältInnen der AnwältInnen in Haft (z. B. Mohammad Olyaeifard, Nasrin Sotoudeh). Bereits im Vorfeld der Wahlen waren unzählige Menschenrechtsorganisationen und anwaltliche Zusammenschlüsse verboten worden, u.a. das CHRD (Center for Human Rights Defenders) im Dezember 2008 und die ADPR (Association for the Defence of Prisoners's Rights) im August 2009 und Mitglieder von NGOs, u.a. CHRR (Commitee for Human Rights Reports) oder HRAI (Human Rights Activists in Iran) verhaftet oder unter Druck gesetzt worden.
Seit der Wahl werden AnwältInnen, die Mitglieder dieser oder anderer NGOs waren und sind, Oppositionelle vertreten oder sich in der Öffentlichkeit kritisch zur Menschenrechtssituation im eigenen Land äußern, systematisch verfolgt.
Gehäuft haben sich Haus- und Kanzleidurchsuchungen ohne Vorliegen von Durchsuchungsbefehlen, Vorladungen oder Haftbefehlen; dabei werden regelmäßig u.a. Akten, Computer und Mobiltelefone beschlagnahmt (z.B. Abdolfattah Soltani am 16.09.2009 oder Nasrin Sotoudeh am 28.08.2010). Drohanrufe und vorübergehende Inhaftierungen der Angehörigen sind die Regel, ebenso wie nicht gerechtfertigte steuerliche Überprüfungen, bei denen die Konten der AnwältInnen gesperrt und andere finanzielle Mittel eingefroren werden (u.a. Nasrin Sotoudeh). Bei einer Verhaftung ist mit dem "Verschwindenlassen" der AnwältInnen zu rechnen, weil sie ohne Haftbefehl direkt an ihrem Arbeitsplatz (z..B. Mohammad Dadkhah - CHRD und seine Kollegen im Juli 2009) oder zu Hause (Emadeddin Baghi - ADPR im Dezember 2009) festgenommen werden und ihr Haftort über Wochen geheim gehalten wird. Über Monate befinden sie sich häufig ohne Anklage in Haft (Shiva Nazar - CHRR Dezember 2009 - Mai 2010). Zunehmend wird - auch den mit Haftbefehl - Inhaftierten - jeglicher Kontakt mit Familienangehörigen und der Zugang zu ihren AnwältInnen verwehrt (z. B. Nasrin Sotoudeh). Die AnwältInnen befinden sich in Einzelhaft, werden gefoltert und erleiden massive gesundheitliche Schäden (z. B. Emadeddin Baghi - ADPR, Mohammad Olyaeifard - ADPR).
In einem Gespräch mit dem Vorstand des iranischen Anwaltsvereins kündigte der Chef der iranischen Justiz , Sadegh Laridschani, am 13.11.2010 an, dass AnwältInnen, die Berufsverbote erhalten hätten, auch nach dem Freispruch keine Berufserlaubnis zurückbekommen werden. Zudem wurde angeordnet, das AnwältInnen ihr Lizenz ab sofort jährlich verlängern müssen.
Seither haben unzählige AnwältInnen und JournalistInnen den Iran verlassen (u. a. Shirin Ebadi im Juni 2009, Mohammad Mostafai im Juli 2010) und/oder sind mit einem Ausreiseverbot belegt (z. B. Nasrin Sotoudeh im Dezember 2008, Abdolreza Tajik - CHRD im Februar 2009, Narges Mohammadi - CHRD im Mai 2010).
Unsere Kolleginnen und Kollegen im Iran brauchen unsere Unterstützung.
Protestieren Sie gegen die Menschenrechtsverletzungen im Iran am 09.12.2010 um 12.00 Uhr vor der iranischen Botschaft in Berlin. Die Kolleginnen und Kollegen sind gebeten, in Roben zu erscheinen.