Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“ erhebt Verfassungsbeschwerde gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit in NRW
Pressemitteilung der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ) vom 04. Januar 2023
Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“ erhebt Verfassungsbeschwerde gegen das seit Januar 2022 geltende Versammlungsgesetz NRW. Die vor dem Verfassungsgerichtshof von Nordrhein-Westfalen eingereichte Beschwerde greift neue Straftatbestände, erweiterte Überwachungsbefugnisse und das Totalverbot von Versammlungen auf Autobahnen an.
Insbesondere in Kombination schrecken diese bereits für sich verfassungswidrigen Regelungen Menschen davon ab, ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auszuüben. Ziel ist es, dass das Gericht die angegriffenen Vorschriften für nichtig erklärt. Per Eilantrag sollen einige Normen zudem bereits vorläufig außer Kraft gesetzt werden.
„Das Versammlungsgesetz NRW ist ein offener Bruch mit der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zur Versammlungsfreiheit. Die Versammlungsfreiheit ist ein elementares Grundrecht für die demokratische Zivilgesellschaft – der Staat muss sie schützen und darf friedlichen Protestnicht erschweren“, erklärt Joschka Selinger, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).
Die neuen Regelungen des Versammlungsgesetzes NRW zum Störungsverbot, zum Vermummungsverbot sowie zum Militanzverbot sind weitreichend und unbestimmt formuliert, sodass Protestierende nicht wissen können, wann sie sich strafbar machen. Daneben weitet NRW die Befugnis zur staatlichen Videoüberwachung von Versammlungen enorm aus. Auch das kann einschüchtern und von der Teilnahme an Protestenabschrecken. Das bundesweit einmalige Verbot von Versammlungen auf Bundesautobahnen nimmt zudem einen Teil des öffentlichen Raumes von der Versammlungsfreiheit aus.
„Wir wehren uns gegen die Überwachung und Beschränkung unserer Demonstrationen. Nordrhein-Westfalen hat eine vielfältige Zivilgesellschaft, die sich nicht kleinkriegen lässt", betont Iris Bernert-Leushacke, Sprecherin des Bündnisses „VersammlungsgesetzNRW stoppen“, die regelmäßig an Aktionen gegen Nazi-Demonstrationen teilnimmt.
Kein anderes Bundesland hat ein derart restriktives Versammlungsgesetz. Mit der Verfassungsbeschwerde wollen die Beteiligten ähnlichen Tendenzen bei der Gestaltung künftiger Landesversammlungsgesetze vorbeugen und eine schrittweise Aushöhlung der Versammlungsfreiheit verhindern.
Die acht Beschwerdeführendensind Mitglieder unterschiedlicher zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Nordrhein-Westfalen, die ihr Engagement durch das Versammlungsgesetz in Gefahr sehen. Sie werden vertreten durch Professor Tristan Barczak von der Universität Passau.
Die Verfassungsbeschwerdewird unterstützt vom Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ) und dem RepublikanischenAnwältinnen- und Anwälteverein (RAV).