Pressemitteilung

Wir fordern die sofortige Beendigung der grundrechtsverletzenden Haft und Aufklärung der rechtswidrigen Auslieferung im Fall Maja T.

Gemeinsame Presseerklärung vom 20. August 2024, Köln und Frankfurt/Main

Ende Juli entschied die Staatsanwaltschaft Budapest die deutsche Staatsbürger*in Maja T. in Untersuchungshaft zu belassen und erteilte möglichen Alternativen wie Kaution, Meldeauflagen oder Hausarrest eine Absage. Die Fortsetzung der Inhaftierung unter menschenrechtswidrigen Bedingungen ist der letzte Schritt in einer Reihe von schweren Rechtsverletzungen.

Am 27. Juni 2024 hatte das Kammergericht Berlin auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin einer Auslieferung nach Ungarn zugestimmt, obwohl zu diesem Zeitpunkt der menschenunwürdige Umgang der ungarischen Justiz mit antifaschistischen Inhaftierten – prominent am Beispiel der mittlerweile in das Europäische Parlament gewählten italienischen Staatsbürgerin Ilaria S. – ebenso bekannt war, wie die katastrophalen Haftbedingungen in dem zunehmend autoritär regierten Land.

In einer Nacht- und Nebenaktion vollzogen deutsche Behörden die Überstellung nach Österreich. Damit schnitten sie die nicht erschöpften Rechtsschutzmöglichkeiten von Maja T. ab. Der am Morgen des 28. Juni über Majas Anwälte gestellte Antrag an das Bundesverfassungsgericht wurde noch am selben Vormittag von dem Gericht entschieden: Das Bundesverfassungsgericht untersagte eine Überstellung an Ungarn. Die deutschen Behörden hatten zu diesem Zeitpunkt aber schon rechtswidrig Tatsachen geschaffen.

Über die von der Staatsanwaltschaft Budapest aufrecht erhaltene Haft ist inzwischen bekannt, dass sich Maja T. seit dem 28. Juni in einer rund um die Uhr videoüberwachten Einzelzelle befindet. Eine Überwachung schützt aber nicht notwendig vor queerfeindlichen Übergriffen durch das Gefängnispersonal. Maja berichtet von gewalttätigen Übergriffen auf Mitgefangene, von Ungeziefer und verschimmeltem Essen. Majas Anwalt Sven Richwin hat – anders als sein in Ungarn mit dem Fall betrauter Kollege – noch immer keinen Zugang zu seiner Mandant*in.

Die deutschen Behörden hatten der Auslieferung nach Ungarn nach eigenen Angaben nur deshalb zugestimmt, weil das ungarische Justizministerium menschenrechtskonforme Haftbedingungen zugesichert hatte. Nach bisherigen Berichten liegen jedoch konkrete Hinweise auf Grund- und Menschenrechtsverletzungen vor. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Begründung vom 2. August für die einstweilige Anordnung gegen die Auslieferung Majas die Leichtgläubigkeit von Generalstaatsanwaltschaft und Kammergericht Berlin gegenüber den ungarischen Behörden kritisiert. Zu ermitteln ist nun, ob dahinter Leichtgläubigkeit oder ein anderes Kalkül stand.

Mehrere Kleine Anfragen der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) und Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN) an das Innenministerium Sachsen zum Verlauf der Auslieferung bleiben hinsichtlich der Verantwortungskette vage und behindern die Aufklärung der Vorgänge.

In dieser Situation stehen zwei Forderungen im Vordergrund: Die Aufklärung der Verantwortung für dieses skandalöse, rechtsstaatswidrige Vorgehen und die Beendigung der menschenunwürdigen Haft von Maja T.

Die deutschen Behörden sind angehalten, alles zu tun, um eine menschenwürdige Behandlung zu gewährleisten. Die deutsche Botschaft in Budapest muss sich aktiv für Alternativen zur Haft einsetzen und die Haftbedingungen bis zur Freisetzung von Maja regelmäßig kontrollieren, Grund- und Menschenrechtsverletzungen anprangern und sich für eine Verbesserung der Haftbedingungen einsetzen. 

„Das sofortige Ende der menschenrechtswidrigen Haft ist besonders dringlich – auch vor dem Hintergrund, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht abzusehen ist“, sagt Dr. Britta Rabe vom Grundrechtekomitee.
„Die Behinderung der Aufklärung von Verantwortlichkeiten bei dieser rechtswidrigen Auslieferung durch das Land Sachsen ist ein Skandal für sich, der das Vertrauen in rechtsstaatliche behördliche Verfahren empfindlich angreift“, kritisiert Rechtsanwalt Dr. Andreas Engelmann von der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen.

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie und die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen fordern

  • die deutschen Behörden müssen gegenüber den ungarischen Behörden auf eine sofortige Beendigung der grund- und menschenrechtsverletzenden Haft Majas zugunsten von Haftalternativen hinwirken;
  • die Verantwortungskette durch Generalstaatsanwaltschaft und Kammergericht Berlin bei der Überführung müssen transparent aufgeklärt werden;
  • bis zur Beendigung der Haft müssen die deutschen Behörden vor Ort die Haftbedingungen Majas regelmäßig kontrollieren, die Ergebnisse protokollieren, Verletzungen des Rechts auf menschenwürdige Haftbedingungen benennen und gegenüber den ungarischen Behörden auf Abhilfe drängen;
  • die deutschen Behörden müssen auf einen sofortigen Zugang für Majas Anwalt Sven Richwin hinwirken;
  • es darf keine weiteren Auslieferungen im sogenannten „Budapest-Komplex“ geben und die deutschen Behörden dürfen keine weiteren Auslieferungen androhen!

Bei Presserückfragen wenden Sie sich an: Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, Tel.: 06971163438, E-Mail: bundessekretaer@vdj.de
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