Preisverleihung des Hans Litten-Preises 2022 an Simonetta Crisci
Prolog zur Verleihung des Hans-Litten-Preises 2022 an Simonetta Crisci von RA Joachim Kerth-Zelter, Bundesvorsitzender der VDJ
Es dürfte sich mittlerweileherumgesprochen haben, dass die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen alle zwei Jahre den Hans-Litten-Preis verleiht. Dieser Preis ist eine Anerkennung für juristisches Wirken, das kompromisslos dem Recht verpflichtetist und dabei der Konfrontation mit den politischen Machtinteressen und ihren Institutionen nicht ausweicht. Es ist eine Anerkennung für eine Tätigkeit, diein besonders hohem Maße durch demokratisches und rechtspolitisches Engagement gekennzeichnet ist.
Der Namensgeber des Preises war einer der bedeutendsten Anwälte der Arbeiterbewegung in derWeimarer Republik. Er hat sich unter anderem für die Rechtshilfeorganisation der Roten Hilfe in einer Vielzahl von politischen Prozessen eindrucksvoll, konsequent und effizient als Strafverteidiger für seine Mandant*innen undals Vertreter der Nebenklage eingesetzt. Dabei zeichnete ersich in besonderem Masse durch seine alleine am Recht orientierte Vorgehensweise aus. Er wurde unmittelbar nach der Machtübernahme der Nazis 1933verhaftet und durch fünf Jahre andauernde Inhaftierung und Folter in den Todgetrieben.
Mit dem Hans Litten-Preis 2022 zeichnet die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristene.V. (VDJ) das herausragende Engagement der Kollegin Simonetta Crisci in der jahrzehntelangen beruflichen und rechtspolitischen Arbeit für die Verteidigung der Menschenrechte aus.
Simonetta Crisci ist Rechtsanwältin in Rom. Für mehrere Generationen von Strafverteidiger*innen warund ist sie Orientierung und Ansporn gewesen. Während ihres gesamten bisherigen Berufslebens gehörte sie zu dem Kolleg*innen, die sich durch ihre Arbeit im bürgerrechtlichenund sozialen Bereich sowie durch ihre Unterstützung der Schwächsten der Gesellschaft mit den Mitteln des Rechts ausgezeichnet haben.
Als ständige Vorkämpferin für die Verteidigung der Rechte von Frauen, von Migrant*innen und Asylsuchenden hat sie ihre berufliche Tätigkeit immer mit ihrem politischen Engagement verbunden. Als Mitglied des Vorstands der Casa Internazionale delle Donne in Rom, als Präsidentin der von Dino Frisullo gegründeten Vereinigung Senza Confine und als Mitglied derVereinigung „Frauenrechte und Gerechtigkeit“ sowie als Mitglied des „Legal Teams“zur Verteidigung der Rechte der Flüchtlinge und der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen in Italien.
Ihr rechtspolitisches Engagement ging auch über die Grenzen Italiens hinaus. Sie ist Mitglied der internationalen Beobachter*innen zur Lage der Frauen im Irak, in der Türkei und in Syrien. Durch die Beobachtung und Auswertung zahlreicher Strafprozesse gegen türkische und kurdische Anwaltskolleg*innen, hat sie einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und auf eine ungehinderte Berufsausübunggerade dort zu verteidigen, wo dieses Recht besonders gefährdet ist.
In dem Bewusstsein, dass faire Gerichtsverfahren nur in einem demokratischen Rechtsstaat möglich sind, galt ihr besonderes Augenmerk immer wieder den Wahlen in der Türkei. Sienahm daher an Delegationen von Beobachter*innen in der Türkei teil. In diesem Rahmen gab sie ihrer Sorge Ausdruck, dass die demokratische Opposition in derTürkei an einer gleichberechtigten Wahlbeteiligung durch die Regierung Erdogangehindert wird.
Alle diese vielfältigen Aktivitäten werden von einem unbändigen Willen, der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, gespeist. Dies gab und gibt ihr die Kraft, sich fürdie Sache der Unterdrückten und Benachteiligten einzusetzen und für deren Rechte zu kämpfen. Dass ein solch engagierter Kampf nicht selbstverständlich ist, muss nicht noch betont werden. Dass dieses Engagement vorbildlich ist unddamit Ansporn für andere sein kann, diesem Beispiel zu folgen, ist jedenfallsdie Ansicht der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen.
Ich freue mich deshalb, dass wir in diesem Jahr der italienischen Rechtsanwältin Simonetta Crisci aus Rom den diesjährigen Hans-Litten-Preis übergeben können.
Laudation auf die Preisträgerin von Cesare Antetomaso, Rechtsanwalt in Rom
Über Simonetta zu sprechen, ist für mich etwas ganz Besonderes. Denn es bedeutet, über eine Frau zusprechen, die ich meine, schon ewig zu kennen, obwohl wir uns tatsächlich erstab der Zeit unmittelbar nach dem G8-Gipfel in Genua im Juli 2001 immer häufigerim Rahmen unserer Vereinigung oder auch im Freundeskreis dann privat getroffen haben.
Wir haben uns kennengelernt, da sowohl Simonetta als auch mein Vater beide Rechtsanwälte in Rom waren, imItalien der späten 1960er und der frühen 1970er Jahre. Italien war damals einLand, das von zahlreichen Spannungen gekennzeichnet war. Damals wurden diesogenannten Notstandsgesetze erlassen, die zu einer katastrophalen Situation im Hinblick auf die Übermacht der Staatsgewalt und sogar zu Einschränkungen der persönlichenFreiheit - auch von Anwälten - führte. Die Notstandsgesetze wurden als Reaktionauf eine große Zeit des Kampfes für bürgerliche und soziale Rechte erlassen, diein der Geschichte Italiens hinsichtlich der Dauer und der massenhaften Beteiligungbisher einzigartig war.
Simonetta und mein Vater haben sich damals gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen dafür entschieden, ihren Beruf als freie Rechtsanwälte auszuüben, obwohl sie wussten, dass diese Entscheidung sie einen sehr hohen Preis kosten könnte. Und das nicht nur, weil sie selbst nicht aus Anwaltsfamilien stammten.
So begann Simonettas Erfahrung im "Soccorso Rosso", einem Zusammenschluss von Anwältinnen und Anwälten, die versuchten, einen wissenschaftlich fundierten Beitrag zur Forderung nach der Verteidigung des Rechts auf abweichende Meinungen zuleisten, angesichts eines repressiven Staatsapparats, der keine Skrupel hatte, Straftäter zum Beispiel in die Psychiatrie einzuweisen, wo es schreckliche Haftbedingungen für sie gab.
In diesen Jahren kam es auchzu den Aufständen in mehreren italienischen Haftanstalten, die einige Zeitspäter dank des Kampfes, der auch von progressiven Anwälten geführt wurde, zu einer innovativen Gesetzgebung führte (zunächst mit dem Zagari-Gesetz, dann mit dem Gozzini-Gesetz), die mehr im Einklang mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie mit der italienischen Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention war.
Simonetta und ihr Mann Vincenzo waren junge, aktive Mitglieder der Kommunistischen Partei Italiens. Angesichts des erbitterten Dissenses, der vor allem auf die Verschlossenheit der Parteigegenüber den verschiedenen Bürgerbewegungen jener Jahre zurückzuführen war, distanzierten sie sich jedoch dann von der Partei, wenn es ihnen auch leid tat.
Andererseits identifizierte Simonetta sich stark mit den Forderungen der Studenten-, Arbeiter- und Frauenbewegung. Aber die Errungenschaften im Bereich der Arbeit und insbesondere im Bereich der Bürgerrechte, wie z.B. die erfolgreichen Volksabstimmungen über das Recht auf Ehescheidung und auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch in einem Land, das stark von einer rückschrittlichen und männlich-chauvinistischen katholischen Kultur geprägt war, waren nicht nur das Ergebnis erfolgreicher Kampagnen.
Sie haben für viele, viele Aktivisten den Verlust ihrer Freiheit bedeutet. Hier reifte Simonettas Entschluss, nicht klein beizugeben und ihr Leben dem Schutz und der Förderung der Grundrechte zu widmen. In Italien, aber auch in einigen der ärmsten Länder der Welt.
In ihrem Wirken als Anwältin war und ist Simonetta sicherlich eine Referenz und ein Vorbild für mehrere Generationen von jungen Juristinnen und Juristen. Dies sieht man auch daran, wie viele Kolleginnen und Kollegen heute hier zugegen sind.
Mehrmals bezeichnete sie ihre Kanzlei als Kollektiv. Genau dieses Wort benutzte sie, als ich sie einmal gemeinsammit meinem Vater bei einem Gerichtstermin traf. Ich war damals noch Student undsie sagte scherzhaft zu mir: „Was willst Du denn bei Deinem Vater in der Kanzlei, komm doch und arbeite stattdessen bei uns in unserem Kollektiv!“
Diese fröhliche, joviale Natur sowie ihre Entschlossenheit sind glaube ich ihre wesentlichen Charaktereigenschaften.
Eine Lebenseinstellung, die ihr nicht nur die Wertschätzung ihrer jüngeren Kolleginnen und Kollegen, sondern auch die ihrer zahlreichen Mandanten und vieler Menschen eingebrachthat, die sie im Lauf ihres Lebens begleitet haben: ob es Studentinnen und Studenten oder Hausbesetzer, Migranten, oder Arbeiter bzw. Arbeiterinnen oder Frauen waren, die Opfer männlicher Gewalt geworden waren.
Dabei gibt es starke Ähnlichkeiten zwischen Simonetta und einer anderen großen Rechtsanwältin, nämlich Elena Coccia aus Neapel.
Simonetta hat sich für Menschen eingesetzt, die ihrer grundlegenden bürgerlichen und politischen Rechte beraubt werden, in Palästina ebenso wie in der Türkei, in Kurdistan oder in Syrien. Selbst wenn die Opfer dieser autoritären Regime selbst Anwältinnen oder Anwälte waren.
Und das, obwohl es in ihrer rechtspolitischen Arbeit leider nicht an Momenten gemangelt hat, in denen sie selbst bedroht wurde. Als sie vor dem Militärgericht die Erben der in Cephalonia getöteten italienischen Soldaten vertrat; als sie die Verteidigung mehrerer Dutzend pakistanischer Familien nach dem Untergang des "Geisterschiffs" übernahm, das Weihnachten 1996 im Mittelmeer verschwand; oder noch früher, als sie verhaftet wurde, nur weil sie an Demonstrationen für den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch oder für die Beibehaltung des Rechts auf Ehescheidung teilnahm oder sich für die Selbstreduzierung der Stromrechnung einsetzte.
Übrigens... wir müssen geradein Bezug auf diese Frage jetzt wieder Präsenz zeigen. Simonetta, glaube also bloß nicht, dass Du dich ab jetzt nur noch auf Deinen Lorbeeren ausruhen wirst!!
Simonetta wird in ihrer Dankesrede sicher noch genauer schildern, in welchen rechtspolitischen Bereichen sie sich engagiert hat. Was uns, die demokratischen Juristinnen und Juristen Italiens betrifft, so möchte ich sagen, dass Simonetta eine jener Kolleginnen ist, die immer einen großen Beitrag zu unserer Vereinigung geleistet hat. Dies sowohl auf internationaler Ebene, aber auch in Italien, wo sie sich gemeinsammit Barbara Spinelli beispielsweise als Verteidigerin der Frauen eingesetzt hat, die doppelt ausgebeutet wurden, sowohl als Migrantinnen also auch als Schwarzarbeiterinnen. Simonetta hat sich stets genauso engagiert eingebracht wie die viel zu frühverstorbene Claudia Piccolino, der wir noch immer ein ehrendes und liebendes Andenken bewahren.
Bei ihrer rechtspolitischen Arbeit hat sie viele Kämpfe gemeinsam mit anderen geführt. Aber sie hat auch die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden nicht gescheut, wenn es um Fragen ging, wo sie die Mehrheitsmeinung nicht teilte.
Andererseits, und hier werden Sie mir eine Bemerkung zu unserem Verband gestatten, haben wir - vielleicht sehr viel besser als andere - den Ereignissen widerstanden, die so viele linke Gruppierungen geschwächt haben. Wir haben immer auf den Dialog gesetzt und eifersüchtig unsere Unabhängigkeit von den Rechtsexperten der politischen Parteien gewahrt. Und wir haben es immer als Vorteil betrachtet, dass wir sowohl in Bezug auf unsere politische/parteiliche Zugehörigkeit als auch in Bezug auf unsere beruflicheHerkunft aus den verschiedensten Bereichen stammten. So waren unter uns Richterinnen und Richter, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sowie Vertreter von Hochschulen oder des öffentlichen Diensts.
Kurzum, ich finde, dass Simonetta den prestigeträchtigen Preis, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen,beschlossen haben, ihr zu verleihen, voll und ganz verdient hat. Er ist nach Hans Litte benannt, der in der Geschichte des schönen und schrecklichen 20. Jahrhunderts ein Leuchtfeuer für uns alle darstellt.
Sie hat den Preis verdient, erstens,weil es nach wie vor einen großen Bedarf an entschlossenen und mutigen Anwältenwie ihr gibt. Die Missstände, unter denen unsere Kolleginnen und Kollegen inder Welt leiden, sowie die Grundrechtsverletzungen, die nicht selten auch inunseren Breitengraden vorkommen, zeugen davon.
Und zweitens hat Simonetta durch ihr eigenes Vorbild gezeigt, dass sie den Beruf genauso auslegt, wie er ausgeübt werden sollte. Sie gibt bei der Verteidigung ihrer Mandantinnen undMandanten nicht nach, selbst wenn dies zu einer gefährlichen Identifizierung des Verteidigers mit dem Verteidigten führen könnte, wie es heute noch allzuoft geschieht, gerade in der Türkei des Despoten Erdogan.
Simonetta hat bewiesen, dass sie jene Aufgabe, die letztlich unser aller Auftrag ist, nämlich die letzte Barriere zwischen dem Einzelnen und der Staatsgewalt zu sein, bestmöglich erfüllt hat. In dem Bewusstsein, dass es für Anwälte keine „befreundeten“ Regierungen bzw. Mächte gibt und dass es keinen besseren Verteidiger für die freie Ausübung des Berufs gibt als den Rechtsanwalt selbst.
Nochmals herzlichen Glückwunsch Simonetta und... auf die Arbeit und den Kampf!
(Aus dem Italienischen von Susann Kamme-Davies)
Preisrede der Preisträgerin des Hans Litten-Preises 2022, Rechtsanwältin Simonetta Crisci
Die Nachricht hat mich wirklich überrascht, obwohl ich bereits vor etwa zwei Jahren einen Brief vom Rat des Anwaltsordens von Rom erhielt, indem mir mitgeteilt wurde, einige Anwaltskollegen haben mich für eine ähnliche Auszeichnung vorgeschlagen. Weiter hieß es dann allerdings in dem Brief, der Anwaltsorden sei dem Vorschlag der Kolleginnen und Kollegen nicht gefolgt…
Damals habe ich der Nachricht praktisch keine Bedeutung beigemessen, sondern hielt sie schlicht für einen Scherz oder einen Irrtum.
Diesmal war alles anders: nach mehreren Hinweisen in den sozialen Medien, dass ich wohl für mein Engagement für die Menschenrechte und den Antifaschismus ausgezeichnet werden sollte, begann ich, mich an der Idee zu erfreuen und mich sozusagen zu dieser Leistung zu beglückwünschen, die ichweder erhofft noch für möglich gehalten hatte
Ich bin sicher, dass diese Anerkennung auch das Ergebnis desstarken Wohlwollens, sowie der Sympathie und Freundschaft ist, die ich täglichin meinem Umfeld spüre und die im Laufe der Jahre für mich in schwierigen Zeiten zu einer unverzichtbaren Stütze geworden sind und mir bisweilen Trost geboten haben.
Eine grundlegende Rolle spielte hierbei stets die Freundschaft der Kolleginnen und Kollegen in den Vereinigungen Giuristi Democratici, Legal Team Italia, Avvocati contro le armi nucleari (IALANA)(Rechtsanwälte gegen Atomwaffen), Donne Diritti e Giustizia (Frauenrechte und Gewalt gegen Frauen), der Casa Internazionale delle Donne in Rom(Internationales Frauenhaus in Rom), sowie die Erfahrung des Soccorso Rosso inden 60er und 70er Jahren. Ganz wesentlich war auch meine Begegnung mit der Associazione Senzaconfine, deren Präsidentin ich nun bin, und mit Dino Frisullo, der bis ins neue Jahrtausend der Präsident der Vereinigung war, als er starb, nachdem er sein Leben für die Freiheit von Völkern wie denPalästinensern und den Kurden geopfert hatte.
Ebenso grundlegend für meine menschliche und soziale Bildungwar meine Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Italiens bis 1970, alsich mein Leben vollständig der Verteidigung der Rechte von Frauen, von Migranten, Arbeitern sowie Studenten auf den Plätzen, in den antifaschistischen Kämpfen bis hin zur Verteidigung der in Diaz und Bolzaneto gefolterten Demonstranten in den dramatischen Tagen des G8-Gipfels in Genua im Juli 2001gewidmet habe.
Der heutige Festakt im Frankfurter Literaturhaus, einem so prestigeträchtigen und repräsentativen Ort, in Anwesenheit des Präsidenten der Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen IADL, der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt (EJDM), sowie derdeutschen Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ), die diesen Preis auslobt, sowie in Anwesenheit des Kollegen Cesare Antetomaso in Vertretung unseres Präsidenten Roberto Lamacchia, verleiht meiner Person einen besonderen Wert und macht meinen Geist glücklich und stolz. Ich danke der VDJ, Ihnen allen von Herzen für diese große Ehre, die mir hiermit zuteil wird.
Dieser Preis ist meinem Kollegen und Kameraden Hans Litten gewidmet, der als Märtyrer den Folgen der Folter durch die Nazis im Konzentrationslager Dachau erlegen ist. Dass ich nun diesen Preis erhalte, erfüllt mich mit einem Gefühl unbeschreiblichen Stolzes und ist die größte Ehre, die mir zuteil kommen könnte, mir, die ich eines solchen Verdienstes sicher nicht würdig bin….
Diese Auszeichnung wurde an herausragende Persönlichkeiten in der Geschichte der Menschenrechte auf der ganzen Welt verliehen.
Ich erinnere an die israelische Kollegin und Freundin Lea Tsemel, die 2004 ausgezeichnet wurde, weil sie ihren Beruf der Verteidigung des palästinensischen Volkes und der Jugendlichen gewidmet hatte, die beschuldigt wurden, die israelische Armee mit Steinwürfen zu bekämpfen, und die dafür inhaftiert und zum Teil umgebracht wurden.
Oder dann Selçuk Kozağaçlı, der als Anwalt in der Türkeiverfolgt wurde und der ein Mitglied der türkischen Vereinigung zur Verteidigung der Menschenrechte (CHD) war. Ich möchte an all die vielen anderen Menschen erinnern, die sich in ihrem Leben gegen jede Form von Hass und Aggression einsetzen und die Krieg und jede Form von Diktatur ablehnen.
Ich erkenne in diesen Menschen meine Mitstreiter bei der Verteidigung der Bürgerrechte und im Kampf für Freiheit und dieSelbstbestimmung der Völker.
Ich fühle das Bedürfnis, um nicht zu sagen die Pflicht, einen ebenso aufrichtigen Gedanken an diejenigen zu richten, die mir mit ihrer Sympathie und ihrer Unterstützung stets zur Seite gestanden haben und die mitmir zusammengearbeitet haben, auch wennes galt, persönliche Opfer zu erbringen, die man nicht hätte erbringen müssen. Sie haben unter Beweis gestellt, dass sie an meine Ziele glauben und sind mir viele Jahre lang gefolgt: ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen Antonella, Amedeo, Fabrizio, Gianni, Michelina, Titti, Liliana, Francesca, Tatiana und den vielen anderen, die mich in diesen 76 Jahren meines Lebens begleitet und unterstützt haben.
Natürlich danke ich auch meinem Mann Vincenzo und meinen beiden Kindern Ira und Mario, die mich mit großer Geduld bei allen Ereignissen meines Lebens unterstützt haben. Der Name Ira ist übrigens natürlich ein ganz bedeutender Name und kommt aus dem Englischen IRA… Mario hingegen ist ein normaler italienischer Name… Oft mussten mein Mann und meine Kinder warten, bis ichendlich aus irgendeinem Teil der Welt wieder zurückkehren würde, manchmal ohnezu wissen, wo ich überhaupt war oder was mit mir möglicherweise geschehen war. Sie haben mein Engagement im bürgerrechtlichen und sozialen Bereich immerunterstützt.
Ich danke den Kollegen von IALANA, den Anwälten gegen Atomwaffen, Joachim Lau und Claudio Giangiacomo, die sich dafür eingesetzt haben, mein rechtspolitisches Engagement zu würdigen.
Mein Dank gilt schließlich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Vereins Senzaconfine, den Migrantinnen und Migranten, die ihn aufsuchen. Sie haben mir viele Kenntnisse über die Welt, über die verschiedenen Kulturen vermittelt und gezeigt, was Solidarität und Freundschaft bedeuten. Ich danke den Freiwilligen des Servizio Civile, die uns täglich unterstützen, all jenen, die uns bei unserer Arbeit begleitet haben und allen, die unsere Arbeit mit Leidenschaft und Engagement unterstützen.
Und schließlich möchte ich erneut der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen und ihrem Vorstandsmitglied Thomas Schmidt dafür danken, dass die VDJ meiner Person nun diese große Bedeutung hat zukommenlassen, indem ausgerechnet ich unter den vielen anderen möglichen Personen als Preisträgerin dieses angesehenen Preises ausgewählt wurde.
(Aus dem Italienischen von Susann Kamme-Davies)