VDJ Erklärung zu den Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs in Israel/Palästina
PRESSEMITTEILUNG der VDJ vom 08. März 2021:
VDJ begrüßt die Entscheidung der Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, Ermittlungen wegen der in Palästina begangenen Kriegsverbrechen einzuleiten
Vor fünf Jahren, 2015, hatte die palästinensische Regierung die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Fatou Bensouda, aufgefordert, die Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg von 2014 zu untersuchen. Nach palästinensischen Angaben waren damals 2251 Palästinenserinnen und Palästinenser und 73 Israeli umgekommen. Im gleichen Jahr 2015 hatte die Regierung Palästinas Beitritt zum IStGH erklärt und war vom Gericht wie vom Generalsekretär der UNO akzeptiert worden.
Nun hat der Gerichtshof am 5. Februar 2021 seine Zuständigkeit für den israelisch-palästinensischen Konflikt erklärt. Sie erstreckt sich nicht nur auf den Gaza-Krieg von 2014, sondern auch auf die Erschießung von 180 Demonstrantinnen und Demonstranten während der Gedenkmärsche 2018 im Gazastreifen und die Siedlungspolitik im Westjordanland und Ostjerusalem. Die Ermittlungen sollen sich sowohl gegen Kriegsverbrechen der Israelis wie der Hamas richten.
Die Entscheidung des Gerichtshofs bedeutet noch keine Anerkennung der Staatlichkeit Palästinas, sie stellt aber einen großen Erfolg in seinem Bestreben dar, als Staat von der UNO anerkannt zu werden. 122 Staaten haben das bisher schon getan. Für die Mitgliedschaft im IStGH und anderen Organisationen der UNO ist der Beobachterstatus ausreichend, den die UNO-Generalversammlung Palästina schon im November 2012 zuerkannt hatte.
Die VDJ begrüßt die Entscheidung des Gerichtshofs, die nach zahlreichen kritischen Reports des UN-Menschenrechtsausschusses über die untragbare Situation der Menschenrechte in den besetzten Gebieten Israels nun eine gerichtliche Untersuchung der Siedlungspolitik und Kriegsverbrechen ermöglicht.
Sie fordert die Bundesrepublik auf, ihren Widerstand gegen die Entscheidung des IStGH aufzugeben und die israelischen Versuche, die Untersuchungen zu blockieren, nicht weiter zu unterstützen. Die Begründung der Ablehnung der Entscheidung des IStGH durch Außenminister Heiko Maas, dass Palästina kein Staat sei, missachtet die Tatsache, dass es für die Zuständigkeit des Gerichtshofs nur des Status eines Beobachterstaates bedarf. Dies haben die Richter und die Richterin ausführlich begründet. Zudem widerspricht die Ablehnung dem immer wiederholten Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung.
Die VDJ fordert schließlich die Bundesregierung auf, ihrer Verpflichtung aus dem Römischen Statut ohne Einschränkungen nachzukommen, die Arbeit und Untersuchungen des IStGH vorbehaltlos zu unterstützen und die US-Regierung zu einer Rücknahme der gegenüber dem Personal des Gerichtshofs verhängten Sanktionen zu bewegen. Diese Sanktionen stellen einen skandalösen Eingriff in die Unabhängigkeit des Gerichts dar, den die Bundesrepublik als Ratifizierungsstaat zurückweisen muss.