Verfassungsgericht bestätigt: Auslieferung nach Ungarn verfassungswidrig
Pressemitteilung der VDJ vom 11. Februar 2025
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 24. Januar 2025 entschieden, dass die Auslieferung von Maja T. nach Ungarn grundrechtswidrig gewesen ist. Insbesondere stellte das Bundesverfassungsgericht klar, dass das zuständige Kammergericht die Haftumstände für non-binäre Personen in Ungarn nicht hinreichend geprüft hat. Vielmehr ließ sich die deutsche Justiz mit einer pauschalen Garantieerklärung der ungarischen Behörden abspeisen, ohne dass hierbei die tatsächlichen Haftbedingungen, geschweige denn die persönlichen Umstände von Maja T. geprüft wurden.
Der Beschluss weist die Berliner Behörden in die Schranken: Diese hatten mit ihrer Turboüberstellung nicht nur eine gewissenhafte Prüfung des Einzelfalls sträflich vernachlässigt, sondern zugleich ein Eilverfahren beim Bundesverfassungsgericht mit Vorsatz ignoriert. Die Exekutive hatte schlicht Fakten geschaffen und umging damit das Verfassungsgericht. Hinsichtlich dieses rechtsstaatlichen Dammbruchs sprach die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg im Juli 2024 von einem „absolut beanstandungsfreien Ablauf“. Demgegenüber stellte das Verfassungsgericht eine Verletzung von Artikel 4 der Grundrechtecharta (Verbot der Folter und der unmenschlichen Behandlung) aufgrund der nicht hinreichenden Aufklärung fest. Indem sie nicht veranlasste, die Entscheidung des BVerfG abzuwarten, ist die Berliner Justizsenatorin bei dem Vollzug der Kammerentscheidung ihrer Dienstaufsichtspflicht nicht gerecht geworden.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigt in erfreulicher Klarheit auf, was im aktuellen Law & Order-Furor verloren geht: Grundrechtliche Erwägungen werden unterlassen, sicherheitsbehördliche Zielvorgaben ohne hinreichende rechtsstaatliche Kontrolle vollzogen. Im Fall Maja T. kommt nun erschwerend hinzu, dass die Auslieferung rechtswidrig war, nun aber kein unmittelbares Rechtsmittel auf Rückholung vorliegt. Der schwerwiegende Rechtsbruch bleibt auch für die Behörden ohne Folgen.
Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen fordert das Auswärtige Amt dazu auf – unter Ausschöpfung aller diplomatischen Mittel –, mit Nachdruck auf eine Rückholung von Maja T. hinzuwirken. Von weiteren Auslieferungen nach Ungarn in diesem Tatkomplex muss aufgrund der dortigen schwerwiegenden rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Defizite grundsätzlich abgesehen werden.