Das Grundgesetz braucht keine Schattenhaushalte fürs Militär!
Gemeinsame Erklärung von fünf Bürgerrechtsorganisationen vom 12. März 2025
Am 23. Februar 2025 haben die Wähler*innen einen neuen Bundestag gewählt. Das neue Parlament muss sich spätestens 30 Tage nach der Wahl konstituieren. In der Debatte um die Aufrüstung der Bundeswehr haben sich Union und SPD nun noch vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, ein Sondervermögen für Infrastruktur in Höhe von insgesamt rund 500 Milliarden Euro ins Grundgesetz aufzunehmen und die Bundestagsabstimmung darüber kurzfristig anzusetzen. Außerdem soll die Schuldenbremse so modifiziert werden, dass Militärausgaben oberhalb von einem Prozent des BIP nicht mehr darunterfallen. Diese Grundgesetzänderung würde den neugewählten 21. Bundestag binden. Das mag formell verfassungsgemäß sein, ist aber nach einer Bundestagswahl und vor Konstituierung des neuen Parlaments mit anderen Mehrheiten ohne Vorbild in der Geschichte der Bundesrepublik.
Die Grundgesetzänderungen würden die dringend notwendige Reform oder Abschaffung der Schuldenbremse auf absehbare Zeit de facto ausschließen. Die Schuldenbremse hat sich als Hemmnis für die soziale und demokratische Entwicklung und damit als ein wesentlicher Faktor für den Aufstieg der radikalen Rechten erwiesen. Die unbegrenzte Möglichkeit der Schuldenaufnahme zur Herstellung von „Kriegstüchtigkeit“ verschlechtert die haushalterischen Handlungsmöglichkeiten zuungunsten einer demokratischen und sozialen Entwicklung weiter.
Das Instrument der Sondervermögen soll einen finanziellen Engpass umgehen, den die Schuldenbremse künstlich erzeugt hat. Sondervermögen sind milliardenschwere Sonderhaushalte, die nach Art. 110 GG nur einer eingeschränkten parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Die einzelnen Ausgaben müssen nicht im Haushaltsplan offengelegt und abgestimmt werden. Das Herzstück des Parlamentarismus, das Budgetrecht, würde weitgehend ausgehebelt, wenn so große Finanzvolumina außerhalb des regulären Haushalts angesiedelt werden. Die Abschaffung der Schuldenbremse könnte hingegen den demokratischen Meinungsstreit über die Verteilung öffentlicher Gelder im Parlament revitalisieren.
Auch jenseits haushaltspolitischer Gründe treten wir der Logik der Sondervermögen und Bereichsausnahmen entgegen. Die vorgesehene Grundgesetzänderung würde eine weitere enorme Aufrüstung ermöglichen. Das Grundgesetz ist nach Artikel 26 Absatz 1 als Friedensverfassung ausgestaltet, nach der alle Handlungen verfassungswidrig sind, die „das friedliche Zusammenleben der Völker“ stören können. Die Bundeswehr ist ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag folgend nur für die Landesverteidigung auszustatten, nicht um sie „kriegstauglich“ zu machen. Es ist höchste Zeit, der Kriegs- und Rüstungslogik eine völkerrechtliche Logik des Wiederaufbaus einer europäischen und globalen Friedensordnung und der Abrüstung entgegenzusetzen. Die großen Fragen der Menschheit, insbesondere im Kontext des Klimawandels, bedürfen der Verständigung und Kooperation. Wir setzen uns für eine Politik der internationalen Bündnisarbeit und der Diplomatie ein, in deren Rahmen auch der Globale Süden gleichberechtigt einzubeziehen ist.
Wir fordern: Statt neuer Sondervermögen und Bereichsausnahmen muss die Schuldenbremse aus der Verfassung gestrichen werden, um den Handlungsspielraum über ökonomische Fragen zurück ins Parlament zu holen. Die Hoheit über den Haushalt muss beim neuen Bundestag liegen. Die Nutzung aller öffentlichen Mittel muss sich am Ziel von Frieden, Deeskalation und europäischer Einigung orientieren, sowie soziale, demokratische und ökologische Aspekte fokussieren.
Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIFF)
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Humanistische Union (HU)
IALANA Deutschland - Vereinigung für Friedensrecht
Vereinigung Demokratischer Jurist:innen (VDJ)