Stellungnahme

Einordnung und Kritik des Resolutionsentwurfs „Jüdisches Leben schützen“

Stellungnahme der Veinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen vom 23. August 2024

Derzeit befindet sich ein Resolutionsentwurf in der interfraktionellen Abstimmung, der aus grundrechtlicher Sicht erhebliche Bedenken hervorruft. Als „schlichte Parlamentsbeschlüsse“ sind Bundestagsresolutionen zwar nach allgemeiner Auffassung ohne Rechtswirkung (Gutachten des Wissenschaftliche Dienst des Bundestages vom 21.12.2020 - WD 3 - 3000 - 288/20). Gleichwohl ist dem Resolutionsentwurf der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP ausdrücklich zu entnehmen, dass er Einfluss auf die Entscheidung von Auswahlkommissionen und die Ermessensentscheidungen von Behörden im besonders geschützten Bereich der Wissenschafts- und Kunstfreiheit nehmen soll.

Dieses Vorgehen widerspricht dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes. Der Resolutionstext wäre als Normtext zu unbestimmt, weil, rechtstechnisch gesprochen, Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen nicht deutlich genug benannt sind. Der Resolutionstext wäre als Normtext wohl auch verfassungswidrig, weil er in dieser Form nicht mit der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit kompatibel sein dürfte. Diese rechtlich relevanten Fragen vermeiden die genannten Fraktionen jedoch, indem sie einen normativ gesehen unverbindlichen Beschluss fassen, gegen den es kein effektives Rechtsmittel gibt.

Das OVG Berlin-Brandenburg hat sich letztes Jahr für eine Klage gegen eine Resolution des Bundestages als unzuständig erklärt, weil es sich um eine „verfassungsrechtliche Streitigkeit“ handle (OVG Berlin-Brandenburg 16.06.2023 - 3 B 44/21). Eine Verfassungsbeschwerde ist jedoch mangels Rechtswirkung der Resolution – also mangels unmittelbarer und gegenwärtiger Betroffenheit – ebenfalls ausgeschlossen. Damit entzieht sich die Resolution der rechtlichen Kontrolle, baut aber gleichzeitig darauf und fordert auch ausdrücklich ein, dass Hoheitsträger sie für ihre Entscheidungen heranziehen und sich die Grundrechtsträger im vorauseilenden Gehorsam an ihrem Inhalt orientieren werden.

Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen fordert die Fraktionen auf, ihre Regelungsabsicht im Wege überprüfbarer Gesetze und nach der Maßgabe von Normklarheit und Normbestimmtheit zu verfolgen. Meinungsäußerungen des Bundestages sind nicht grundrechtsneutral. Es ist mit den Regeln eines demokratischen Staats nicht vereinbar, wenn an die Stelle von normativen Anweisungen an mündige Bürger*innen ein Regieren durch indirekte Beeinflussung tritt.

Bei Presserückfragen wenden Sie sich an: Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, Tel.: 06971163438, E-Mail: bundessekretaer@vdj.de
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