Mitteilung

Über 18.000 aus Ostwestfalen, von Ruhr und Rhein sagen zum neuen Polizeigesetz nein!

Über 18.000 Menschen haben am 07.07.2018 gegen das geplante Polizeigesetz in NRW und den bundesweiten Ausbau der Polizeibefugnisse demonstriert.

Ein breites Bündnis von Fußballfans von Dortmund, Köln, Schalke und Fortuna, Politiker*innen und Umweltaktivist*innen, Antifaschist*innen und Migrant*innen, Gewerkschafter*innen, Feminist*innen, Jurist*innen und vielen mehr zog vom DGB-Gewerkschaftshaus durch die Düsseldorfer Innenstadt über die Königsallee bis zum Landtag.

Neben der VDJ, dem RAV beteiligte sich die Strafverteidigervereinigung NRW als "Schwarzer Block" in Robe.

Ursprünglich sollte das Gesetzespaket bereits vor der Sommerpause durch den Düsseldorfer Landtag verabschiedet werden – wegen der breiten Kritik wurde dieses Vorhaben jedoch verschoben. Allerdings sind allenfalls kosmetische Korrekturen und keine substantiellen Veränderungen bei der Überarbeitung des Gesetzes zu erwarten.

Auf der Abschlusskundgebung vor dem Landtag warf Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion der Landesregierung vor, mit einem Freifahrtschein für die Sicherheitskräfte gegen rechtsstaatliche Grundsätze zu verstoßen: "CDU und FDP nehmen billigend in Kauf, dass sie mit dem Gesetz gegen die Verfassung verstoßen. Innenminister Reul ist deshalb selbst ein Risiko für die Freiheit und für unsere verfassungsrechtlich verbrieften Rechte".

Ebenso kritisierte Rechtsanwalt Jasper Prigge, Mitglied der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen, der das Bündnis „Nein zum neuen Polizeigesetz NRW“ vor dem VG Düsseldorf und dem OVG NRW gegen den Auflagenbescheid der Polizei vertreten hat, das "Überwachen, kontrollieren, einsperren –  keine Lösungen, sondern Grundrechtsverletzungen " sind:

"Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem nicht der Staat Recht hat, sondern in dem das Recht und das Rechte vom Staat gepflegt wird".

Liebe Freundinnen und Freunde!

Dieses Zitat des früheren Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, vor kurzem jährte sich sein 50. Todestag, sollte uns allen eine Mahnung sein. Wir als Juristenvereinigungen sind mit euch allen hier, weil wir nicht akzeptieren wollen und können, dass dem Staat die Mittel an die Hand gegeben werden, damit er immer Recht hat, während wir alle unsere Rechte zunehmend verlieren.

Juristinnen und Juristen haben zahlreiche Einwände gegen das neue Polizeigesetz erhoben. Viele davon sind heute schon genannt worden. Ich möchte anhand der aktuellen Ereignisse um diese Demonstration nochmal ausdrücklich festhalten: Ein Rechtsstaat lebt davon, dass der Staat sich an die Gesetze hält. Wenn sie aber so umfassend sind, dass praktisch alles möglich ist, dann wird ein Kernbestand unserer Demokratie praktisch entwertet. Das Oberverwaltungsgericht hat gestern die unverschämten Auflagen der Polizei für unsere Demonstration kassiert. Das ist ein großer Erfolg für uns.

Die Polizei wollte keine Lautsprecherwagen in der Demo und begründete dies damit, dass auf den Wagen unter anderem Wurfmaterialien versteckt werden könnten. Dies sei eine Gefahr für die eingesetzten Beamt*innen. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass es für diese Gefahrenprognose der Polizei - so wörtlich - nichts Belastbares gäbe.

Wie aber hätte das Gericht entschieden, wenn schon das Gesetz ein Handeln aufgrund vager Verdachstsmomente erlauben würde? Das ist der Kern des neuen Polizeigesetzes. Der Maßstab für die Prognose der Polizei wird derart verringert, dass es auf die Tragfähigkeit kaum mehr ankommt. Genauso, wie aus einem breiten gesellschftlichen Bündnis ein gewalttätiger Mob gemacht wird, kann aus einem einzelnen Bürger ein gefährlicher Terrorist werden - mit der Konsequenz, dass schwerwiegende Grundrechtseingriffe möglich sind.

Wir müssen es klar sagen: Aus rechtsstaatlicher Sicht ist den Gefahrenprognosen der Polizei zu misstrauen. Denn nur auf diese Weise lassen sich die Grundrechte der Betroffenen schützen. Wer den Sicherheitsbehörden, wie diese Landesregierung es gerade versucht, einen Freifahrschein gibt und dies auch noch notwendig verteidigt, der ist eine drohende Gefahr für die Freiheit in diesem Land.

Das geplante Gesetz hat eine Schieflage. Es setzt auf mehr Polizeibefugnisse, ohne die Rechte der Betroffenen zu schützen. Herr Reul, wir sagen Ihnen hier und heute: Überwachen, kontrollieren, einsperren. Das sind keine Lösungen, sondern Grundrechtsverletzungen.

Es gibt keine Garantie, dass die Polizei sorgsam mit derart weitreichenden Befugnissen umgehen wird. Verschieben Sie das Polizeigesetz nicht in den Herbst, sondern auf den Sankt-Nimmerleins-Tag!

In und nach der Sommerpause bleibt es dabei: "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit klaut!"

Bei Presserückfragen wenden Sie sich an: Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, Tel.: 06971163438, E-Mail: bundessekretaer@vdj.de
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