VDJ Info 01/2022 vom 10.01.2022
"Tag des verfolgten Anwalts" am 24.01.2022 zur Lage in Kolumbien
Der Tag des verfolgten Anwalts findet jedes Jahr am 24.01. statt und richtet die Aufmerksamkeit auf verfolgte Berufskolleg:innen weltweit. Beobachtungsland ist 2022 erneut Kolumbien, wo die Verfolgung von Menschenrechtsanwält:innen deren Arbeit gefährdet oder sogar verhindert. Kolumbien gehört zu den südamerikanischen Ländern mit der größten Ungleichheit in der Verteilung gesellschaftlichen Reichtums und einer Geschichte von gewaltsamen Auseinandersetzungen. Gewalt bis hin zu Tötungsdelikten gegenüber Menschenrechtsaktivist:innen gehören weiterhin zum traurigen Alltag. Dabei stellen Menschenrechtsanwält:innen, die häufig die einzigen sind, die auch die Rechte von indigenen Menschen verteidigen, eine prominente Zielscheibe für Angriffe dar. Über 700 Kolleg:innen sollen in den letzten zehn Jahren ermordet worden sein. Der kolumbianische Staat schützt die Betroffenen nicht, klärt die Straftaten nicht angemessen auf und verfolgt die Täter nicht ernsthaft. Eine unabhängige Interessenvertretung der Rechtsanwält:innen fehlt vollständig. Ein ausführlicher Report zum diesjährigen Beobachtungsland in englischer Sprache findet sich hier. Wegen der ausgesprochen schlechten Lage für Anwält:innen ist Kolumbien 2022 erneut Beobachtungsland des Tages des verfolgten Anwalts.
Dazu: Diskussionsveranstaltung zur Situation von Anwältinnen und Anwälten in Kolumbien am 20.01.2022 online!
Wie gerade beschrieben, findet am 24.01.2022 der "Tag des bedrohten Anwalts" zur Lage der Anwält:innen in Kolumbien statt. Vor diesem Hintergrund findet am 20. Januar 2022 um 19 Uhr eine Diskussionsveranstaltung des RAV statt. Es handelt sich um eine Kooperationsveranstaltung mit dem DAV, der RAK Berlin, der VDJ, der EJDM, der AED-EDA sowie mit den beiden Menschenrechtsanwält*innen Zoraida Pedraza und German Romero. Die Kolleg*innen werden ausführlich über die Situation in Kolumbien berichten. Beide mussten Kolumbien verlassen, da sie dort aufgrund ihrer Arbeit bedroht und verfolgt wurden. Sie leben momentan sowohl in Belgien als auch in Spanien. Die Einwahldaten für die Online-Veranstaltung finden sich hier und hier.
Save the date: Tagung und Feier zu 50 Jahren VDJ am 24.09.2022 in Frankfurt/Main
Am 25.03.1972 wurde in Düsseldorf - auch als Reaktion auf die "Berufsverbote" - die Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ) gegründet. Sie sollte einen linken, juristischen Gegenpol gegen Notstandsgesetze und Staatsschutzgesetzgebung sowie die "reaktionären Erscheinungen auf den verschiedenen Rechtsgebieten" setzen. Dieser Gründungstag jährt sich 2022 zum 50. Mal. Als Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) laden wir unsere Mitglieder und Freund:innen ein, am 24.09.2022 ab 16 Uhr in Frankfurt am Main zu feiern. Auf dem Programm stehen intergenerationelle Perspektiven auf unsere Vereinigung, Grußworte von Freund:innen und Mitstreiter:innen, ein Podium zu rechtspolitischen Themen, die Verleihung des Hans-Litten-Preises und ein gemeinsames feierliches Ausklingen. Die Teilnahme wird gegen einen Selbstkostenbeitrag möglich sein. Eine Vormerkung des Datums ist sinnvoll. Wir nutzen die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass sich in unserem Rundbrief hinsichtlich der Jahreszahl ein Tippfehler eingeschlichen hatte. Die Veranstaltung findet selbstverständlich in diesem Jahr statt.
Bündnis fordert: Das neue Versammlungsgesetz NRW darf in dieser Form nicht bestehen bleiben
Nachdem CDU und FDP das Versammlungsgesetz NRW durchs Parlament “gejagt“ haben, kündigt das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ mit allen demokratischen Mitteln Widerstand gegen dieses Gesetz an. Das Bündnis will es nicht hinnehmen, dass NRW das autoritärste und undemokratischste Versammlungsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland hat. „Die beiden Parteien können sich schon jetzt darauf einstellen, dass wir besonders im Wahlkampf dieses Gesetz immer wieder zum Thema Nummer Eins machen“, erklärt Gizem Koçkaya. Neben öffentlichkeitswirksamen Aktionen will das Bündnis zu juristischen Mitteln greifen. Es hält nach vorläufiger Prüfung eine Verfassungsbeschwerde für aussichtsreich, da vieles im Gesetz aus Sicht des Bündnisses verfassungswidrig ist und/oder der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts widerspricht. Die vollständige Erklärung des Bündnisses findet sich hier.
Frühjahrstagung des Arbeitskreises Arbeitsrecht der VDJ am 26.03.2022 in Frankfurt und online
Die Veranstaltung ist hybrid geplant. Wie bei den letzten Tagungen findet sie im House of Labour in Frankfurt statt; Einzelheiten zum geteilten Anmeldeverfahren kommen demnächst. Thematisch geplant ist: 1. Als Referentin hat bereits zugesagt Frau Prof. Dr. Katja Nebe vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Recht der sozialen Sicherheit an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das Thema wird angesiedelt sein im Spannungsfeld zwischen "Mobiler Arbeit" und "Vereinbarkeit Familie und Beruf" einschließlich spezifischer Aspekte aus dem "Mutterschutz". Die Einzelheiten klären wir gerade ab. 2. Theresa Tschenker, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt/Oder und Pascal Annerfelt, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe Universität Frankfurt/Main werden zum Thema des "politischen" Streiks referieren. Die Anmeldung wird demnächst möglich sein. Aktuelle Infos finden sich hier.
ARD-Doku zu den Berufsverboten: Jagd auf Verfassungsfeinde – Der Radikalenerlass und seine Opfer
Wie oben beschrieben spielten die Berufsverbote für die Gründung der VDJ eine entscheidende Rolle. Die regelrechte Jagd auf Andersdenkende und die Opfer des Radikalenerlasses sind das Thema einer Dokumentation, die am 17.01.2022 im Ersten ausgestrahlt wird. "Jagd auf Verfassungsfeinde – Der Radikalenerlass und seine Opfer" heißt der Film, den die ARD so beschreibt: "Ob angehende Lehrer oder Postboten, viele junge Leute hat der Verfassungsschutz in den 70er- und 80er-Jahren politisch durchleuchtet. Grundlage: der sogenannte Radikalenerlass; er hat die Jagd auf Verfassungsfeinde ausgelöst. Die Opfer fühlten sich in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit angegriffen, sprachen von Berufsverboten. Auch Winfried Kretschmann, heute Ministerpräsident von Baden-Württemberg, war betroffen. Alle Parteien wollten den Staatsdienst damals vor der rebellischen Jugend und der „Gefahr aus dem Osten“ schützen. Auch der damalige Bundeskanzler Willy Brand. Rückblickend bewertete er den Beschluss als großen Fehler. Doch bis heute zeigt die Politik kaum Interesse an der Aufarbeitung. Gleichzeitig ist die Verteidigung unserer Demokratie aktueller denn je."
Buchvorstellung "Westsahara: Afrikas letzte Kolonie" im regiospectra Verlag
Eine Reihe dramatischer Ereignisse seit dem Jahr 2020 führten zur Eskalation des Westsahara-Konfliktes: Die Wiederaufnahme des Krieges, Zunahme von Menschenrechtsverletzungen, die völkerrechtswidrige Anerkennung der marokkanischen Annexion durch die Trump-Administration, der Kontaktabbruch mit der deutschen Botschaft in Rabat und der Rückruf der marokkanischen Botschafterin aus Deutschland sind beispiellose Entwicklungen, die viele Fragen aufwerfen. Der Westsahara-Konflikt gilt als ein vergessener und festgefahrener Konflikt, über den die deutschsprachige Öffentlichkeit kaum informiert ist. Selten wird über diese Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung in den westlichen Medien berichtet. Dabei ist dieser Kolonialkonflikt vor den Toren Europas für die Stabilität der Region äußerst bedeutend. Das von Judit Tavakoli, Manfred Hinz, Werner Ruf und Leonie Gaiser herausgegebene Buch enthält die auf dem internationalen Symposium „Westsahara. Zwischen Kolonialismus, Imperialismus und das Recht auf Selbstbestimmung“, vorgetragenen Beiträge sowie einige Ergänzungen. Das interdisziplinär angelegte Buch umfasst Beiträge von international anerkannten WissenschaftlerInnen, PolitikerInnen, AktivistInnen und Angehörigen der sahrauischen Zivilgesellschaft. Die AutorInnen beleuchten den Konflikt aus politisch-rechtlicher und sozio-ökonomischer Perspektive und gehen auf menschenrechtliche und humanitäre Fragen ein. Das Buch ist im Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältlich. Preis: €27,90.Tavakoli, J.; Hinz, M. O.; Ruf, W.; Gaiser, L. (2021): Hrsg. Westsahara: Afrikas letzte Kolonie. Berlin: regiospectra Verlag - ISBN: 978-3-947729-36-4
Hörenswert: Rolf Gössner spricht beim Wissenschaftskolleg HWK über „Grundrechte und Demokratie in Zeiten von Corona“
Der Jurist, Publizist und Hans-Litten-Preisträger 2020, Dr. Rolf Gössner, sprach am 13.12.2021 bei der Delmenhorster Universitäts-Gesellschaft über „Grundrechte und Demokratie in Zeiten von Corona“. Er beschäftigt sich kritisch mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Corona-Maßnahmen, von Freiheitsbeschränkungen und Ungleichbehandlungen im Namen des Gesundheitsschutzes. Wird dies die „neue Normalität der Krisenbewältigung“, fragt er angesichts autoritärer Maßnahmen, aber auch in Anbetracht einer Einengung des Diskurses und einer zumindest zeitweisen Verunmöglichung von abweichenden Auffassungen und Kritik. Dabei grenzt sich Gössner deutlich von sogenannten Corona-Leugnern ab, die die Gefahren durch das Virus nicht anerkennen und verteidigt stattdessen Bürgerrechte und Demokratie aus einer linken Perspektive. Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet, der Link zum Anschauen findet sich hier. Die im Beitrag vorgestellten Thesen gibt es auch in einem von der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) herausgegebenen, kleinen Heft, das hier zu finden ist.
Herzliche Grüße zum Jahresbeginn
Allen Kolleg:innen und Abonnent:innen dieses Newsletters wünschen wir an dieser Stelle noch ein kämpferisches und erfolgreiches Jahr 2022.