VDJ Info 03/2015 vom 09.03.2015

1. Fachtagung am 11.04.2015 in Berlin: "TTIP, CETA und TiSA, Auswirkungen auf Rechtsstaat und Demokratie?"

Die Freihandelsabkommen werden den Alltag aller Menschen langfristig verändern und nicht nur in die nationalstaatliche Souveränität eingreifen, sondern auch in die Rechtssetzungs- und Gestaltungshoheit kommunaler Selbstverwaltung.

Die von VDJ, Bundesfachausschuss Richter*innen und Staatsanwält*innen in ver.di, NRV und RAK Berlin organisierte ganztägige Fachtagung am 11.04.2015 in den Räumen der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin soll nicht nur Vortrags-, sondern gerade auch Diskussionsveranstaltung sein. Zahlreiche Protagonisten in der zivilgesellschaftlichen Debatte, wie Peter Fuchs und Thomas Fritz von Powershift haben sich bereits zur Veranstaltung angemeldet.  

Im Mittelpunkt der Tagung wird die Kontroverse zur "Schiedsgerichtsbarkeit" und Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf nationalstaatliche Demokratie und kommunale Daseinsvorsorge stehen, sowie die Auswirkungen auf Arbeits- und Sozialstandards.

Zu Rechtsstaatsproblemen bei der Investor-State-Schiedsgerichtsbarkeit referieren Prof. Dr. Christian Tietje  von der Universität Halle (pro) und Dr. Kiyomi von Frankenberg von der Universität Köln (kontra). Prof. Dr. Markus Krajewski von der Universität Erlangen-Nürnberg wird sich mit den Auswirkungen der Abkommen auf öffentliche Dienstleistungen und Prof. Dr. Reingard Zimmer von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin mit den Konsequenzen auf Arbeits- und Sozialstandards befassen.

Streitig diskutieren werden auf dem Podium Frank Bsirske (ver.di), Dr. Heinz Hetmeier (BdWi), Dr. Stormy-Annika Mildner (BDI), Detlef Raphael (Deutscher Städtetag) und Prof. Dr. Andreas Fisahn (Universität Bielefeld) unter der Moderation des Publizisten und früheren Textchef der FR, Stephan Hebel.

Hier geht's zum Programm: http://www.vdj.de/aktivitaeten/termine/termine/ttip-ceta-tisa-und-die-folgen-fachtagung-am-11042015-in-der-landesvertretung-baden-wuerttemberg-in-berlin/1a12a3f052f3ce9f1e5f906f8dece6ed/

und Veranstaltungsflyer: http://www.vdj.de/uploads/media/Internetflyer_Fachtagung_11_April_15-2.pdf

Wegen der begrenzten Platzzahl ist eine schnelle Anmeldung unerlässlich und sollte unbedingt mit dem runterzuladenden Anmeldeformular erfolgen: http://www.vdj.de/uploads/media/Anmeldung_01.pdf

Ansonsten unmittelbar beim Bundesbüro der NRV, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin, Fax: 030-4202 2350 oder per EMail: bb@neuerichter.de anmelden und parallel den Tagungsbeitrag von € 30,00 auf das Konto der Neuen Richtervereinigung e.V. unter Angabe des Verwendungszwecks, IBAN: DE67760350000000599000, BIC: UMWEDE7N überweisen. Der Tagungsbeitrag schließt Getränke und Speisen auf der Veranstaltung ein.

2. VDJ und RAV protestieren gegen Abmahnungen bei Daimler

In einer gemeinsamen Erklärung vom 10.02.2015 haben RAV und VDJ die Abmahnung von 761 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Daimler Werkes in Bremen angegriffen, weil sie am 11./ 12. Dezember 2014 nach einer Informationsrunde bei dem Betriebsrat über ein zwei Milliarden Euro schweres Sparprogramm, über geplante Fremdvergaben in Werkverträgen und Leiharbeit, spontan das Werk gemeinsam verlassen haben, um gegen die von dem Konzern beabsichtigten Maßnahmen zu protestieren.

http://www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/daimler-bremen-schuechtert-beschaeftigte-ein-rav-und-vdj-fordern-ruecknahme-der-abmahnungen/c97f4db25a34729d78de7fc5619d705b/  

3. NRV fordert Regulierung von Dienst- und Werkverträgen

Die NRV mahnt in einer Erklärung vom 05.03.2015 die Regulierung von Dienst- und Werkverträgen an.

So sei die Abgrenzung von zulässigem Fremdfirmeneinsatz zu unzulässigen Scheindienst- oder Scheinwerkverträgen schwierig. Selbst wenn die praktische Durchführung für ein Arbeitsverhältnis spricht, soll dies neuerdings nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nur dann relevant sein, wenn die Personalabteilung davon wusste. Auch dies muss der klagende Arbeitnehmer nachweisen. Der Fremdfirmeneinsatz wird damit für Arbeitgeber noch attraktiver.

Will man dem Trend etwas entgegensetzen, bedarf es zusätzlicher gesetzlicher Regelungen. Werden Arbeitnehmer einer Fremdfirma in der Betriebsorganisation des Auftraggebers tätig, halten wir eine Vermutungsregel für sinnvoll, wonach dann von einer Arbeitnehmerüberlassung an den Dritten auszugehen ist. Wird ein Soloselbständiger in der Betriebsorganisation des Auftraggebers tätig, soll in Ergänzung zu § 611 BGB vermutet werden, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handeln.

Aber auch einen Rückgriff auf die österreichische Gesetzeslage in § 4 Abs. 2 ArbeitskräfteüberlassungG hält die NRV für übertragbar.

https://www.neuerichter.de/fileadmin/user_upload/fg_arbeitsrecht/FG-ArbR-2015-03-05__Notwendige_Regulierung_von_Dienst-_und_Werkvertraegen.pdf  

4. TTIP, CETA - so nicht mit uns: Übersetzung und Studie zu CETA - Investitionsgerichtshof als Alternative?

  • Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag hat aus CETA wichtige Vertragsgegenstände und -regelungen aus CETA zu Investitionen, Finanzdienstleistungen, Handel und Arbeitsmarkt, Handel und Umwelt, Regulatorische Zusammenarbeit über den Sprachendienst des Deutschen Bundestages als Arbeitsübersetzung anfertigen lassen.

http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=9&ved=0CF8QFjAI&url=http%3A%2F%2Fdokumente.linksfraktion.de%2Finhalt%2Fceta-u-bersetzung-kap10-15-24-26.pdf&ei=54D8VPGALIXROq-vgJAO&usg=AFQjCNFpjoasI62rjzFYztJs05F4OOqFug&bvm=bv.87611401,d.ZWU

  • Zu CETA liegt inzwischen auch eine eingehende Studie von Thomas Fritz, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung vor. Da CETA auf einen umfassenden Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse abzielt, berührt es in vielerlei Hinsicht die Interessen der abhängig Beschäftigten. Die übergreifende Zielstellung war es daher, diese Berührungspunkte und die potenziellen Risiken für Beschäftigte zu identifizieren. Dazu wurde der Frage nachgegangen, inwieweit bestehende arbeitspolitisch relevante Regulierungen auf deutscher und EU-Ebene u.a. zu Zollsenkungen, Investitionen, Dienstleistungen, innerstaatlicher Regulierung, Berufsqualifikationen, befristeter Arbeitsmigration und staatlichem Auftragswesen durch CETA-Bestimmungen beeinträchtigt werden können. Ergänzende Fragestellung war es, inwieweit Beschäftigte einzelner Branchen durch CETA-Liberalisierungen betroffen sein können, dies u.a. in der Automobilindustrie, der Ver- und Entsorgung, der Telekommunikation, den Finanzdienstleistungen, im Transport sowie im Bildungs- und Gesundheitswesen.

http://www.boeckler.de/pdf_fof/S-2014-779-1-1.pdf

  • Statt eines privaten Schiedsgerichts hat jüngst Wirtschaftsminister Gabriel gemeinsam mit seinen europäischen sozialdemokratischen Amtskollegen einen internationalen Investitionsgerichtshof im Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada vorgeschlagen. Hierin sieht Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano, der sich bereits in seinem Gutachten zusammen mit  Johan Horst (VDJ Info 12/2014 vom 07.11.2014) kritisch mit CETA auseinandergesetzt hat, "kein Weniger, sondern ein Mehr an Investitionsschutz auf globaler Ebene" und eine weitere "Überinstitutionalisierung". "Gabriels Vorschlag verstärkt die Institutionen der Freihandelsideologie."

http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/ceta-abkommen-gabriel-investitionsgerichtshof/?googlenews=1&cHash=f7585767b87c02e5c08f25b3fecbb045

  • Ob und inwieweit Kommunen sich nicht nur mit den Freihandelsabkommen befassen, sondern auch dazu äußern dürfen, bleibt weiter streitig. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags hat dies in einem Infobrief vom 11.02.2015 verneint:"Unabhängig von der Frage, welche staatliche bzw. europäische Ebene für den Abschluss der geplanten Freihandelsabkommen zuständig ist, stellen diese nach den dargestellten Grundsätzen keine Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne des Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG dar. Zwar mögen die Abkommen – unter Umständen auch erhebliche – Auswirkungen auf die Wahrnehmung kommunaler Aufgaben haben. Dies macht die Freihandelsabkommen aber nicht zu Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Denn maßgeblich ist nicht, ob die Regelungen des Abkommens Auswirkungen auf gemeindliche Belange haben. Für die Abkommen ebenso wie allgemein für bundes- oder landesgesetzliche Regelungen gilt, dass die kommunale Zuständigkeit erst dann eröffnet ist, wenn ein spezifischer Bezug zur örtlichen Gemeinschaft besteht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Freihandelsabkommen bestimmte Gemeinden im Vergleich zu anderen Gemeinden in herausgehobener Weise und damit spezifisch ortsbezogen beträfen. Die Regelungen geplanter Freihandelsabkommen gelten im ganzen Bundesgebiet und haben damit Bezug zu allen Gemeinden."

http://www.bundestag.de/blob/363092/3b88f5d39f5e7592a554d5e4ff680b13/befassungs--und-beschlusskompetenz-der-kommunalvertretungen-im-hinblick-auf-internationale-freihandelsabkommen-data.pdf

  • Das sieht der Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales in NRW vom 11.12.2014 differenzierter einzelfallbezogen. Danach sind Anträge und Stellungnahmen zulässig, wenn "der spezifische Bezug zur örtlichen Situation hergestellt wird".

http://gruene-fraktion-nrw.de/fileadmin/user_upload/ltf/Newsletter/Kommunales/ErlassBezRegOri.pdf

5. EJDM protestiert gegen das Verbot für türkischen Regierung von Metallerstreiks

In einem Offenen Brief an den türkischen Premierminister vom 18.02.2015 hat die EJDM gegen das Streikverbot der türkischen Regierung in der Metallindustrie protestiert und als unglaublich bezeichnet, dies auf Gründe der "nationalen Sicherheit" zu stützen und ohne konkrete Gründe für diese Entscheidung zu nennen.

http://www.eldh.eu/fileadmin/user_upload/ejdm/publications/2015/ELDH_-_Letter_-_Turkish_Government_-_Steel_workers_strike.pdf

6. Veranstaltungen und Termine

  • Berlin, 16.03.2015, 19.30 Uhr, Abgeordnetenhaus Niederkirchnerstr. 5: Die Landesarbeitsgemeinschaft Demokratische Rechte von Bündnis 90/Die Grünen (Landesverband Berlin)  diskutiert zu "Verfassungsschutz ade? Oder doch  nicht?" mit Inputs von Clara Herrmann (Mitglied im Ausschuss für Verfassungsschutz, Sprecherin für Strategien gegen den Rechtsextremismus), Prof. Dr. Martin Kutscha (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Mitglied im Bundesvorstand der Humanistischen Union) und Benedikt Lux (Vorsitzender des Ausschusses für Verfassungsschutz, Sprecher für Innenpolitik und Datenschutz).http://gruene-berlin.de/treffen/verfassungsschutz-ade-oder-doch-nicht
  • Hamburg, 18.03.2015, 18.00-20.00 Uhr, Universität Hamburg, Rechtshaus, Hörsaal, Rothenbaumchaussee 33: Der Hamburger Vereins für Arbeitsrecht in Kooperation mit dem Seminar für Arbeitsrecht, Universität Hamburg lädt zum Thema ein: "Tarifeinheit per Gesetz: nur ein Placebo - ohne Risiken und Nebenwirkungen für Koalitionsfreiheit und Arbeitskampfrecht?" Vortrag: Prof. Dr. Matthias Jacobs (Bucerius Law School) und Podiumsdiskussion mit Gerhard Baum (Bundesminister a. D.), Angela Dickhöver-Döring (Marburger Bund), Helga Nielebock (DGB), Claus Weselsky (GDL), Roland Wolf (BDA); Moderation: Jens Peter Hjort http://www.jura.uni-hamburg.de/public/personen/hartmann/tarifeinheit-per-gesetz-einladung-infoblatt_2015-02-21.pdf
  • Erfurt, 13.04.2015, 11.00-18.00 Uhr, Hotel Radisson Blu, Juri-Gagarin-Ring 127: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung veranstaltet eine Fachtagung zu "Streikrecht -Tarifeinheit - Gewerkschaftspluralismus" Vorträge u. a. von Dr. Reinhard Göhner (BDA), Prof. Dr. Wolfgang Däubler (Universität Bremen), Dr. Reinhard Bispinck (WSI), Prof. Dr. Stefan Greiner (Universität Bonn), Prof. Dr. Ulrike Wendelin-Schröder (Universität Hannover), Podiumsdiskussion mit Andreas Müller (EVG), Prof. Dr. Jens Schubert (ver.di), Armin Ehl (BDA), Renate Angstmann-Koch Schwäbisches Tageblatt), Claus Weselsky (GDL) http://www.rosalux.de/event/52680
  • Frankfurt/ M., 18.04.2015, 10.30-16.00, Wilhelm-Leuschner-Str. 79:
    Frühjahrstagung des AK Arbeitsrecht
    mit den Themen: "Aktuelle Rechtsprechung des BAG zum Kündigungsschutz" mit Richterin am BAG Stephanie Rachor und "Schutz von Whistleblowern - Stand der Rechtsprechung und rechtspolitischer Reformbedarf zum Schutz berufsethischer Verantwortung im Arbeitsrecht" mit Rechtsanwälten Otto Jäckel und Harro Schultze. Anmeldung: kanzlei@arbeitsrechtsanwaelte-hamburg.de

7. VDJ-Anwaltsbüro sucht Nachfolge

Oldenburg in Niedersachsen. Kollege Hans-Henning Adler ist 65 und möchte sich nach und nach aus dem Anwaltsberuf zurückziehen. Eine Nachfolgerin/ ein Nachfolger soll eingearbeitet werden. Interessierte junge Juristinnen oder Juristen können sich melden unter Adler-OL@t-online.de.

Das bestehende Anwaltsbüro hat ein Klientel aus SGBII-BezieherInnen, Flüchtlingen, Mietern, auch Straftätern und Scheidungswilligen, aber keine Mandantschaft bei Wirtschaftsunternehmen.

8. Das Allerletzte: VG Düsseldorf stützt Dügida

Die Präsidentenkammer des VG Düsseldorf wirft einen großen Schatten auf die Rechtsprechung des gesamten Hauses. Hier wird auch an der Seite von Dügida das "Abendland" und seine ihm zugeschriebenen Werte verteidigt. Das OVG hat mehrfach nun Entscheidungen des VG aufgehoben: "Ein Eilantrag, dem Düsseldorfer Oberbürgermeister zu untersagen, auf den städtischen Internetseiten zur Teilnahme an einer Gegendemonstration gegen die Versammlung der "DÜGIDA" ("Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes") (...) zu einem Beleuchtungsboykott aufzurufen, hatte beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen keinen Erfolg.

http://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/06_150112/index.php

Ebenso hat das OVG NW versammlungsrechtliche Entscheidungen des VG Düsseldorf zu Gegendemonstrationen gegen Dügida aufgehoben.

Das Bündnis "Düsseldorf stellt sich quer" hat in einer Erklärung vom 03.03.2015 die offene Sympathie des VG für Dügida und den "antimuslimischen Rassismus" des Gerichts angegriffen:

"Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat sich in den vergangenen Wochen stringent als organisatorische Stütze der rassistischen Dügida-Bewegung hervorgetan. Durch zahlreiche Beschlüsse wurde einerseits – unter dem Vorwand der Durchsetzung der Versammlungsfreiheit – der Dügida-Bewegung der Rücken gestärkt und andererseits wurden – hier spielte die Versammlungs- und Meinungsfreiheit für das Verwaltungsgericht keine Rolle mehr – antirassistische und antifaschistische Proteste be- und verhindert."

https://www.facebook.com/duesseldorfstelltsichquer/posts/1551478708437398

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