VDJ Info 14/2014 vom 04.12.2014
1. Tarifeinheit
In seiner Stellungnahme vom 18.11.2014 zum Gesetzentwurf der Regierungskoalition zur Tarifeinheit begrüßt der DGB ausdrücklich den Kerngedanken des Gesetzes, wonach über das Mehrheitsprinzip der Grundsatz „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag" gestärkt wird. Kritisch gesehen wird der "Betriebsbegriff" und wie im Konfliktfall die Mehrheit festgestellt werden solle.
http://www.dgb.de/presse/++co++22d51aa4-6f1c-11e4-8f6a-52540023ef1a
Ebenso unterstützt die IG Metall den Gesetzentwurf. Sie unterstreicht, dass wer starke Arbeitnehmervertretungen wolle, sich unbedingt hinter das Mehrheitsprinzip im Gesetzentwurf zur Tarifeinheit stellen müsse und sieht in Übereinstimmung mit dem DGB in den vorgesehenen Regelungen auch keinen Eingriff in das Streikrecht.
http://www.igmetall.de/SID-40362338-27E7F436/gesetzliche-regelung-zur-tarifeinheit-14830.htm
Demgegenüber wenden sich ver.di, GEW und NGG in einem gemeinsamen Appell an die Bundesregierung mit der Forderung von einer gesetzlichen Regelung abzusehen. Darin wird der Grundsatz der Tarifeinheit bekräftigt, aber der Gesetzentwurf angegriffen, weil er bei einer Kollision mehrerer Tarifverträge vorsehe, nur den Tarifvertrag der Mehrheit gelten zu lassen. Die anderen seien tariflos und ihr Streikrecht stehe unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Dies sei unzweifelhaft auch eine indirekte Einschränkung des Streikrechts. Wer die Tarifautonomie stärken wolle, dürfe auch Streiks als grundgesetzlich garantiertes Freiheitsrecht aus Artikel 9 Absatz 3 GG nicht einschränken.
http://www.verdi.de/themen/geld-tarif/tarifeinheit
2. Beirat attac: Solidarität mit der GDL und "Nein zur autoritären Tarifeinheit"
In einer Erklärung unterstützt der Wissenschaflichen Beirats von attac ausdrücklich die Forderungen der GDL und hebt die besondere Bedeutung dieser Tarifauseinandersetzung im Zusammenhang mit dem geplanten Gesetz zur Tarifeinheit hervor:
"Sie macht sich mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung auch zum Vorkämpfer für die Stärkung der Kampfkraft aller Gewerkschaften und zum ersten Mal auch seit langem gegen die neoliberale Hegemonie. Auch deshalb hat der GDL-Kampf eine branchenübergreifende und grundsätzliche Bedeutung.(...) Das geplante Gesetz zur Entmachtung von „kleinen" kampfstarken Gewerkschaften richtet sich gegen die Koalitionsfreiheit und das Streikrecht insgesamt. Die versuchte Vollstreckung dieses Projekts durch die SPD und die Einbindung von Teilen der DGB-Gewerkschaften ist erschreckend, der Angriff auf gewerkschaftliche Grundrechte alarmierend."
3. VDJ widerspricht StGB NRW: Kommunen haben das Recht sich zu TTIP und CETA zu äußern
In einer Pressmitteilung vom 25.11.2014 widerspricht die VDJ der Auffassung des Städte- und Gemeindebundes NRW - http://www.vdj.de/mitteilungen/newsletter/vdj-info-132014-vom-21112014/ - dass Befassung und Beschlussfassung von Kommunen außerhalb kommunaler Beschlusskompetenz liege.
"Natürlich dürfen sich Gemeinden mit der Frage befassen, wie sich staatliches Handeln des jeweiligen Bundeslandes und des Bundes und auch bestimmte Handels- und Investitionsabkommen, an denen der Bund und die Länder im Gesetzgebungsverfahren beteiligt sind, auf ihre Handlungsmöglichkeiten als Verwaltungsträger für die Daseinsvorsorge auswirken und über ihre Spitzenverbände in den Bundesländern und im Bund Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben. Das hat zum Beispiel auch der Deutsche Städtetag wiederholt zum Thema TTIP getan. Beschlussfassungen von Gemeinden müssen sich rechtlich nur auf die Betroffenheit der Gemeinden beschränken."
4. TTIP, CETA - so nicht mit uns
Der Investitionsschutz gehört zu den umstrittensten Vertragsgegenständen in den TTIP-Verhandlungen. Im Rahmen einer Studie für die Friedrich-Ebert-Stiftung kommt Rechtsanwalt Dr. Ole Voß zu dem Ergebnis, dass ein Abkommen zum Investorenschutz unter entwickelten Rechtsstaaten wie den USA und den EU-Mitgliedsstaaten nicht zwingend notwendig sei. Wenn ein Kapitel zum Schutz von Investitionen aufgenommen werden solle, dann nur mit dem Ziel einheitliche globale Standards zu schaffen, um das Investitionsrecht zu einem völkerrechtskonformen und rechtsstaatlichen Instrument weiter zu entwickeln.
Dies lehnt Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin in ihrem Kommentar zur Studie ab. Die Neutralität der nicht staatlichen Schiedsgerichtsbarkeit sei anhand der bisherigen Spruchpraxis anzuzweifeln. Einzig die Etablierung einer internationalen Gerichtsbarkeit, wie das Straßburger Gericht für Menschenrechte, könne eine unabhängige Rechtsprechung garantieren.
http://library.fes.de/pdf-files/wiso/11047.pdf
In einem Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium kommt Dr. Stephan Schill, LL.M (NYU) (Max-Planck-Institut für ausländisches und öffentliches Recht in Heidelberg) bei der Prüfung zu den "Auswirkungen des Investitionsschutzkapitels auf den Handlungsspielraum des Gesetzgebers sowie den Folgen eventueller Schiedssprüche" im CETA-Entwurf zum Ergebnis, dass CETA Investoren aus Kanada im Vergleich zu deutschen Investoren materiell-rechtlich nicht besser stelle. Im Gegenteil: Der durch CETA gewährte völkerrechtliche Schutz kanadischer Investitionen bleibe in einigen Punkten sogar signifikant hinter dem deutschen Verfassungs- und dem Unionsrecht zurück. Der gesetzgeberische Handlungsspielraum zum Schutz öffentlicher Interessen wie nationale Sicherheit, Umwelt, öffentliche Gesundheit sei damit gewahrt.
Dem widerspricht Prof. Dr. Markus Krajewski von der Universität Erlangen-Nürnberg in seinen Anmerkungen zum Gutachten von Schill. In seinem Resümee hält er die Bedenken gegenüber einem Investitionsschutzkapitel mit ISDS im CETA für nicht ausgeräumt. Die Einschätzungen des Gutachtens von Schill beruhten überwiegend auf Prognosen über das zukünftige Verhalten von Schiedsgerichten. Dieses könne jedoch nicht verlässlich vorhergesagt werden. Zudem enthalte das CETA weiterhin Elemente, die den Gesetzgeber anders einschränken als das Verfassungsrecht. Schließlich werde auf die Einschränkung der Verwaltung durch das CETA nicht eingegangen.
5. VDJ Hamburg zur Reforminitiative zur Juristenausbildung
Die VDJ Hamburg bewertet in ihrer Stellungnahme zu den Vorschlägen der Hamburger Initiative zur Reform der Juristenausbildung das Bemühen um eine Reduzierung des Prüfungsstoffs und eine stärkere Betonung methodischer Grundlagenkenntnisse für alle Rechtsgebiete ausdrücklich positiv, kritisiert aber die Aussortierung des Arbeitsrechts als "Spezialwissen" aus dem Zivilrecht. Es sei "ein Widerspruch, im Methodenteil eine interdisziplinäre Durchdringung der jeweiligen Rechtsgebiete zu befürworten und gleichzeitig ein Stoffgebiet mit grundsätzlicher Bedeutung für den erwerbstätigen Teil der Bevölkerung (immerhin die Hälfte der Gesamtpopulation) eliminieren zu wollen.
"Die VDJ plädiert deshalb mit Nachdruck, den Gegenstand „Arbeitsrecht“ im Zivilrecht nicht etwa als Spezialwissen entfallen zu lassen, sondern als Grundlagenwissen auszubauen. Des Weiteren darf das kollektive Arbeitsrecht nicht gänzlich unter den Tisch fallen; wegen des Versagens des individuellen Ansatzes im BGB hat sich das kollektive Arbeitsrecht herausgebildet und ist in dieser Funktion adäquat zu behandeln."
6. Amnesty International: Gegen Racial Profiling bei Personenkontrollen
Um diskriminierende Personenkontrollen der Polizei zu verhindern, fordert Amnesty International die Abschaffung des § 22 Abs. 1a Bundespolizeigesetz sowie vergleichbarer Gesetze auf Länderebene, die Kontrollen ohne konkreten Verdacht erlauben. Solche Kontrollen sind diskriminierend, wenn sie nur an Kriterien wie der "Hautfarbe" oder anderen physischen Merkmalen anknüpfen.
http://www.amnesty.de/presse/2014/12/1/gegen-racial-profiling-bei-Polizeikontrollen
Positionspapier: http://www.amnesty.de/presse/2014/12/1/gegen-racial-profiling-bei-Polizeikontrollen
7. NSU-Watch: NSU-Untersuchungsausschuss NRW muss Chance zur Aufklärung nutzen
An den von allen Fraktionen im Landtag NRW beschlossenen NSU- Untersuchungsausschuss richtet die Initiative NSU-Watch die Forderung sich mit den zwingend mit folgenden Komplexen zu beschäftigen:
1. mit der Neonazi-Szene seit Beginn der 1990er Jahre und mit möglichen Unterstützer_innen des NSU in NRW;
2. mit der Aufarbeitung der Ermittlungsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaften bei den NSU-Taten, einschließlich der dabei gemachten Fehler, Unterlassungen, möglicherweise auch Fahrlässigkeiten und Unterstützungshandlungen, sowie der Auswirkungen eines vorhandenen institutionellen Rassismus';
3. mit der Praxis der Geheimdienste, vor allem der des NRW-Verfassungsschutzes (NRW-VS), in Bezug auf die militante Neonazi-Szene in NRW;
4. mit der Aufarbeitung des Umgangs der verantwortlichen Behörden und Politiker_innen mit den Opfern politisch rechts motivierter Gewalt – nicht nur im Zusammenhang mit dem NSU.
http://nrw.nsu-watch.info/?p=81
8. Pro Asyl:„Gesetz zu Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung“: Massive Verschärfung des Aufenthaltsrechts
Verstärkte Inhaftierung von Schutzsuchenden, mehr Abschiebungen und Möglichkeiten zur Aushebelung des geplanten Bleiberechts – darauf droht der heute im Bundeskabinett beratene Gesetzentwurf zur Neubestimmung von Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung hinauszulaufen. Das Vorhaben der großen Koalition zielt auf eine massive Verschärfung des Aufenthaltsrechts.
Das begrüßenswerte Vorhaben des Koalitionsvertrags, Tausenden nur geduldeten Menschen in Deutschland endlich ein Bleiberecht zu bieten, droht in der Umsetzung durch Bundesinnenminister Thomas DeMaizière in eine perfide Gesetzesverschärfung verkehrt zu werden. Schon der erste Entwurf des Innenministeriums vom April 2014 zielte darauf, Asylsuchenden in Deutschland den rechtsstaatlichen Boden unter ihren Füßen wegzuziehen.
9. EJDM: Internationale Fachtagung am 11./12.12.14 in Berlin - Western Sahara – Referendum NOW!
Am 11./12. Dezember 2014 findet in Berlin im A&O Hotel and Hostel Berlin Hauptbahnhof, Lehrter Straße 12 eine internationale Fachtagung zur Förderung der politischen Entwicklung in der West Sahara unter dem Motto "Western Sahara – Referendum NOW!", veranstaltet vom Verein Freiheit für die Westsahara und unterstützt u.a. von der EJDM statt.
http://www.eldh.eu/de/termine/termin/western-sahara-referendum-now-207/
10. Nicht nur was für's Feuilleton: "Schluss mit der Männerquote"
Nett geprantelt: "Die Frauenquote ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Sie macht aber Schluss damit, dass es seit ewigen Zeiten in Spitzenpositionen der Wirtschaft Männerquoten gibt, die bei fast hundert Prozent liegen. Die Frauenquote führt also nicht die Quote ein; sie durchbricht eine bestehende Quote. Frauenquoten sind nur ein Hilfsmittel zu diesem Zweck, ein Hilfsmittel zur Herstellung vernünftiger Zustände; irgendwann, hoffentlich bald, wird man wieder darauf verzichten können. Aber bis dahin sind Quoten halt Hilfsmittel."
Ob aber nun aber gerade der patriarchalische Martin Luther als Referenz quasi umgewidmet und mit Schwimmflügeln versehen, heute die Frauenquote als state of the art zum Schwingen brächte, bedarf dann schon besonderer Aufschwünge:
Martin Luther, der Reformator und Bibelübersetzer, hat keinen Zweifel daran gelassen, wo er die Frau sieht: in der Familie, und nur dort. Die Familie war für ihn "das entscheidende Glied zwischen Gott und Staat", sie hatte dienende Funktion, die im Inneren noch verstärkt werden sollte durch das Dienen der Ehefrau und Mutter. Luther würde womöglich heute ein Traktat verfassen, das nicht "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" hieße, sondern sich wider "Modernisierungsschübe und Quotenregelungen" richten würde. Würde er? Würde er nicht. Lebte er heute, wäre er nicht von vorgestern.
Als einer, der der Wirklichkeit ins Auge sah, würde Luther die Defizite der Gegenwart erkennen. Lebte Luther heute, er wäre vielleicht Bundesverfassungsrichter; der junge Luther hatte ja Jura studiert und seine Pläne erst geändert, als er bei Stotternheim in ein schweres Gewitter geriet und der heiligen Anna das Gelübde tat, Mönch zu werden, sollte sie ihn überleben lassen. Als höchster Richter würde Luther, wie das Verfassungsgericht es schon sechzig Jahre lang tut, dem Gesetzgeber bei der Gleichberechtigung Beine machen.
8. Pro Asyl:„Gesetz zu Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung“: Massive Verschärfung des Aufenthaltsrechts
Verstärkte Inhaftierung von Schutzsuchenden, mehr Abschiebungen und Möglichkeiten zur Aushebelung des geplanten Bleiberechts – darauf droht der heute im Bundeskabinett beratene Gesetzentwurf zur Neubestimmung von Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung hinauszulaufen. Das Vorhaben der großen Koalition zielt auf eine massive Verschärfung des Aufenthaltsrechts.
Das begrüßenswerte Vorhaben des Koalitionsvertrags, Tausenden nur geduldeten Menschen in Deutschland endlich ein Bleiberecht zu bieten, droht in der Umsetzung durch Bundesinnenminister Thomas DeMaizière in eine perfide Gesetzesverschärfung verkehrt zu werden. Schon der erste Entwurf des Innenministeriums vom April 2014 zielte darauf, Asylsuchenden in Deutschland den rechtsstaatlichen Boden unter ihren Füßen wegzuziehen.
9. EJDM: Internationale Fachtagung am 11./12.12.14 in Berlin - Western Sahara – Referendum NOW!
Am 11./12. Dezember 2014 findet in Berlin im A&O Hotel and Hostel Berlin Hauptbahnhof, Lehrter Straße 12 eine internationale Fachtagung zur Förderung der politischen Entwicklung in der West Sahara unter dem Motto "Western Sahara – Referendum NOW!", veranstaltet vom Verein Freiheit für die Westsahara und unterstützt u.a. von der EJDM statt.
http://www.eldh.eu/de/termine/termin/western-sahara-referendum-now-207/
10. Nicht nur was für's Feuilleton: "Schluss mit der Männerquote"
Nett geprantelt: "Die Frauenquote ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Sie macht aber Schluss damit, dass es seit ewigen Zeiten in Spitzenpositionen der Wirtschaft Männerquoten gibt, die bei fast hundert Prozent liegen. Die Frauenquote führt also nicht die Quote ein; sie durchbricht eine bestehende Quote. Frauenquoten sind nur ein Hilfsmittel zu diesem Zweck, ein Hilfsmittel zur Herstellung vernünftiger Zustände; irgendwann, hoffentlich bald, wird man wieder darauf verzichten können. Aber bis dahin sind Quoten halt Hilfsmittel."
Ob aber nun aber gerade der patriarchalische Martin Luther als Referenz quasi umgewidmet und mit Schwimmflügeln versehen, heute die Frauenquote als state of the art zum Schwingen brächte, bedarf dann schon besonderer Aufschwünge:
Martin Luther, der Reformator und Bibelübersetzer, hat keinen Zweifel daran gelassen, wo er die Frau sieht: in der Familie, und nur dort. Die Familie war für ihn "das entscheidende Glied zwischen Gott und Staat", sie hatte dienende Funktion, die im Inneren noch verstärkt werden sollte durch das Dienen der Ehefrau und Mutter. Luther würde womöglich heute ein Traktat verfassen, das nicht "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" hieße, sondern sich wider "Modernisierungsschübe und Quotenregelungen" richten würde. Würde er? Würde er nicht. Lebte er heute, wäre er nicht von vorgestern.
Als einer, der der Wirklichkeit ins Auge sah, würde Luther die Defizite der Gegenwart erkennen. Lebte Luther heute, er wäre vielleicht Bundesverfassungsrichter; der junge Luther hatte ja Jura studiert und seine Pläne erst geändert, als er bei Stotternheim in ein schweres Gewitter geriet und der heiligen Anna das Gelübde tat, Mönch zu werden, sollte sie ihn überleben lassen. Als höchster Richter würde Luther, wie das Verfassungsgericht es schon sechzig Jahre lang tut, dem Gesetzgeber bei der Gleichberechtigung Beine machen.