VDJ Info 13/2018 vom 04.11.2018

Litten-Preis-Verleihung an den Anwaltlichen Notdienst zum G20 in Frankfurt

Dem Anwaltlichen Notdienst zum G20 in Hamburg wurde der Hans-Litten-Preis 2018 am 27. Oktober 2018 im Saalbau Bockenheim in Frankfurt/ Main verliehen.

Der Preis wurde für den Anwaltlichen Notdienst stellvertretend von den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten Fenna Busmann, Gabriele Heinecke, Matthias Wisbar und Christian Woldmann entgegengegenommen.

Im Prolog zur Preisverleihung begründete der Vorsitzende der VDJ, Joachim Kerth-Zelter die Entscheidung für den diesjährigen Preisträger mit den besonderen Verdiensten des  Anwaltlichen Notdienstes für die Verteidigung des Versammlungsrechts, ebenso aber auch für konsequentes Eintreten für das Recht auf eine angemessene Verteidigung gegen freiheitsentziehende Maßnahmen und das Beharren auf rechtsstaatlichen Grundsätzen gerade in einer aufgeheizten politischen Situation.

https://www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/prolog-zur-verleihung-des-hans-litten-preises-von-rechtsanwalt-joachim-kerth-zelter-vorsitzender-der-vdj/

In seiner Laudatio unterstrich der Präsident der Rechtsanwaltskammer Berlin, Dr. Marcus Mollnau die besondere Bedeutung des Zugangs zum Recht für den Rechtsstaat. Im Kampf um das Recht übe der Rechtsanwalt als Teil der Rechtspflege und nicht etwa als Teil der Justiz eine eigenständige Funktion zur Rechtsdurchsetzung aus. "Der Anwaltliche Notdienst, die in ihm vereinten Kolleginnen und Kollegen haben diese Aufgabe und Funktionen mit großem Engagement wahrgenommen und sich damit um die Stärkung und Verteidigung der Menschenrechte besonders verdient gemacht. Ihr besonderes Wirken hat den Zugang zum Recht für Bürgerinnen und Bürger durchgesetzt und damit verteidigt."

https://www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/laudatio-von-rechtsanwalt-dr-marcus-mollnau-praesident-der-rechtsanwaltskammer-berlin/

Rechtsanwalt Matthias Wisbar befasste sich in seinem Beitrag für die Preisträger mit der staatlichen Reaktion auf die Proteste anlässlich des G20-Gipfels. Der polizeiliche Einsatz sei Exzerzierfeld für innerstaatliche Feinderklärung gewesen.

Hieran knüpfte Rechtsanwältin Gabriele Heinecke in ihrer Dankesrede und hob hervor, von Seiten der Polizei sei es vielleicht ein Test gewesen, "jedenfalls ein Beispiel: Hamburg dokumentierte das Bild eines Polizeistaats, das Bild einer Aufstandsbekämpfung – aber es fehlte der Aufstand. Die drohende Gefahr waren die Demonstranten, waren die GrundrechtsträgerInnen." Weiteres Symptom der Hamburger Polizeistaatstage wäre das bewusste Ignorieren der Entscheidungen der Justiz. Das Beispiel ist der Kampf um das Antikapitalistische Camp gewesen.

Aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts "hatte das Verwaltungsgericht Hamburg den Anmeldern zugestanden, auf der Halbinsel Entenwerder Zelte zum Übernachten und für die Versorgung, für Diskussionen und Veranstaltungen aufzubauen. Doch die auf der Halbinsel mit ihrem Equipment ankommenden Gipfelgegner wurden trotz der positiven Gerichtsentscheidung vom Platz geprügelt und mit Pfefferspray attackiert. Der Anmelder gab nach diesem Empfang auf. Obwohl der Rechtsbruch durch die Presse ging, protestierten die RichterInnen des Verwaltungsgerichts nicht."

www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/dankrede-des-preistraegers/

Der Akademische Arbeiterliedchor an der Goethe-Universität Frankkfurt begleitete die Preisverleihung mit einem Programm von Liedern von Brecht und Eisler.

Mitgliederversammlung - neuer Bundesvorstand

Auf der Mitgliederversammlung am 28.10.2018 wurde der Bundesvorstand der VDJ neu gewählt.

Als Bundesvorsitzender wurde wieder Rechtsanwalt Joachim Kerth-Zelter aus Solingen, als Bundessekretärin Rechtsanwältin Ursula Mende aus Krefeld und als Bundeskassiererin Rechtsanwältin Irene Seifert aus Coswig gewählt.

Als weitere Mitglieder wurden aus Berlin die Rechtsanwälte Ahmed Abed, Christian Fraatz, Dieter Hummel und David-Sebastian Schumann, aus Bielefeld der Hochschullehrer Prof. Dr. Andreas Fisahn, aus Bremen die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Nele Austermann, der Wissenschaftliche Mitarbeiter (Post Doc) Dr. Heiner Fechner und die Rechtsanwältin Dr. Pelin Öğüt, aus Darmstadt Rechtsanwalt Manfred Hanesch, aus Dresden Oberstaatsanwalt Jürgen Schär, aus Düsseldorf Rechtsanwalt Thomas Schmidt, aus Frankfurt die Juristin Doreen Lindner und  die Rechtsanwälte Dr. Patrick Fütterer und Joachim Schwammborn und aus Hamburg Rechtsanwalt Jens Peter Hjort und Prof. Dr. Udo Mayer gewählt.

Beschlossen wurden auch die beantragten Satzungsänderungen. Die Beitragsordnung blieb unverändert.

#UNTEILBAR - Über 240000 demonstrierten zwischen Alex und Siegessäule

Das war mit über 240.000 Menschen zwischen Alex und Siegessäule an diesem 13.10.2018 ein eindrucksvolles und ermutigendes Zeichen "für eine offene und freie Gesellschaft". Im Jurist*innenblock neben dem RAV und der Strafverteidigervereinigung demonstrierte die VDJ unter der Losung "#UNTEILBAR: FÜR SOZIALE GERECHTIGKEIT UND SOLIDARITÄT - GEGEN RASSISMUS UND AUSGRENZUNG".

https://www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/schaut-auf-diese-stadt-240000-menschen-demonstrierten-zwischen-alex-und-siegessaeule-unteilbar-fuer-solidaritaet-statt-ausgrenzung-fuer-eine-offene-und-freie-gesellschaft/

Deutlich geworden ist auf dieser Demonstration - so das Bündndis #UNTEILBAR - "was gesellschaftlich auf dem Spiel steht, wenn Sozialstaat, Flucht und Migration weiterhin gegeneinander ausgespielt werden. Wir wissen, dass die weitere Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten, die permanenten Angriffe auf die Humanität, auf Menschenrechte und Religionsfreiheit Angriffe auf uns alle sind." Dieses Signal "war erst der Auftakt".

https://www.unteilbar.org/wie-weiter/

Für den 17.11.2018 hat das Bündnis zu einem bundesweiten Vernetzungstreffen in Berlin eingeladen, um über weitere Interventionen zu beraten.

Europakongress von attac u. a.: Kontroverse Debatten über Perspektiven linker europäischer Zusammenarbeit

In einer Vielzahl von Veranstaltungsformaten - Podien, Foren und Workshops - diskutierten 650 Teilnehmer*innen über die Zukunft der EU, von Europa und dessen Platz in einer Welt im Umbruch. Neben kontroversen Positionen in den vielen Debatten bestand Konsens, mit vielfältigen Aktionen in den Wahlkampf zum EU-Parlament im Mai 2019 eingreifen.

Unter den Podiumsteilnehmer*innen des von der VDJ organisierten Forums "Demokratisierung der Europäischen Union - wie kann das gehen?" blieben die Ansätze zur Überwindung der Demokratiedefizite kontrovers. Während Karl-Martin Hentschel (Mehr Demokratie) die Idee eines Verfassungskonventes und Formen gezielter zivilgesellschaftliche Einbingung propagierte, hielt Anne Karras (EU-Verbindungsbüro des ver.di-Bundesvorstands) diesen institutionellen Ansatz für wenig bewegend, sondern setzte auf inhaltliche Themen und mehr Transparenz in den Entscheidungsprozessen. Andreas Fisahn (Uni Bielefeld, attac, VDJ) forderte die Blockaden für demokratische Prozesse anzugehen, insbesondere die Kontrolldichte gegenüber den Mitgliedsländern (z. B. bei der Verschuldensquote) und die Europäischen Verträge mit ihren Politikvorgaben.

Im ebenfalls von der VDJ veranstalteten Workshop "Reformbedarf der EU für eine Stärkung gewerkschaftlicher Handlungsfähigkeit" problematisierte Dr. Johannes Heuschmid (Hugo-Sinzheimer-Institut für Arbeitsrecht) die Einschränkung gewerkschaftlicher Handlungsfreiheit durch die überlagernden garantierten Grundfreiheiten (für Warenverkehr, Personen, Dienstleistungen und Kapital) und forderte insoweit eine Reform der EU-Verträge.

www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/europakongress-von-attac-u-a-diskursiv-kontroverse-debatte-ueber-perspektiven-linker-europaeischer-zusammenarbeit/

Offener Brief zu den Verhandlungen über den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation

Gemeinsam mit 15 weiteren Organisationen hat die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen einen offenen Brief an Wirtschaftminister Altmaier, Innenminister Seehofer und Justizministerin Barlay zu den Verhandlungen über den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation (ePrivacy-Reform) unterstützt.

Darin fordern sie, dass Deutschland seine Arbeit intensivieren muss, gegen die aufdringlichen und missbräuchlichen Praktiken auf dem digitalen Markt vorzugehen, die das Recht auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit und Datenschutz verletzen und zudem Vertrauen, Innovation und die Nutzung neuer Dienste beeinträchtigen. Die Schwachstellen der derzeitigen Regeln zum Schutz von Privatsphäre und Vertraulichkeit tragen zum Aufbau von Monopolen bei. Sie ermöglichen es monopolartigen Konzernen der Digitalwirtschaft,unaufhaltsam eine immer stärkere Position aufzubauen, in der innovative EU-Unternehmen nicht wettbewerbsfähig sind und in der die Bürgerinnen und Bürger der EU immer weniger Kontrolle über ihre private Kommunikation haben.

www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/offener-brief-zu-den-verhandlungen-ueber-den-datenschutz-in-der-elektronischen-kommunikation/

Colonia Dignidad: Transnationale Verfolgungshürden

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied bereits am 25. September 2018, die in Chile verhängte Haftstrafe gegen Hartmut Hopp in Deutschland nicht zu vollstrecken. Hopp, der ehemalige Sektenarzt, wurde in Chile wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, floh aber 2011 nach Deutschland. Das ECCHR war an dem Verfahren in Düsseldorf nicht beteiligt, arbeitet aber in einem Strafverfahren in Krefeld daran, Hopp für seine Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.

Hierzu die Stellungnahme des ECCHR: https://www.ecchr.eu/fileadmin/user_upload/Stellungnahme_zum_Beschluss_OLG_Ddorf_im_Fall_Hartmut_Hopp_Colonia_Dignidad.pdf

und zur Rolle von Hartmut Hopp innerhalb der Colonia Dignidad: https://www.ecchr.eu/fileadmin/Pressemitteilungen_deutsch/Stellungnahme_Colonia_Dignidad_Hopp_-_2011-10-06.pdf

Im April 2018 reichte das ECCHR zudem eine Strafanzeige gegen Reinhard Döring beim Landgericht Münster ein. Döring gehörte zum engen Führungskreis der Colonia. Er hatte direkten Kontakt zur Geheimpolizei DINA, die in den 1970ern als wichtigster Geheimdienst der Pinochet-Diktatur diente.

Nachtrag: Hambi bleibt vorläufig

Inzwischen ist der Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 05.10.2018 - Az. 11 B 1129/18  - zum Prüfungsmaßstab für die Ermessensentscheidung des Gerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO bei einem drohenden Substanzverlust (Rodung des Hambacher Forstes für den Braunkohletagebau) - komplett auf der Seite der Justiz NRW eingestellt.

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2018/11_B_1129_18_Beschluss_20181005.html

Das Gericht hat die Rodung des Hambacher Forstes untersagt bis über die Klage des BUND NRW gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 für den Braunkohlentagebau Hambach entschieden ist.

TV-Sehenswertes: Verwertung jüdischen Vermögens zwischen 1933 und 1944 durch Versteigerung

Zu später Stunde, wenn Unterhaltung und das eine oder andere TV-Magazin die Untiefen tagesaktueller Ereignisse beleuchtet hat, ist manchmal noch Raum für Sendungen zu lang verdrängter NS-Geschichte, hier zur Verwertung jüdischen Vermögens durch finanzbehördlich veranlasste Versteigerungen,  insbesondere auch gerade von kompletten Haushaltseinrichtungen nach Deportationen. Die am 29.10.2018 um 23h30 gezeigte Dokumentation "Geschichte im Ersten: Die Versteigerer” ist noch bis zum 24.12.2018 in der Mediathek der ARD abrufbar. Sie zeigt eindrucksvoll, wer alles profitiert hat und warum die Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung durch Anrufung der Justiz in der Bundesrepublik ins Leere gingen.

https://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Geschichte-im-Ersten-Die-Versteigerer/Das-Erste/Video?bcastId=799280&documentId=57234204

Termine - Veranstaltungen

• Berlin: Kundgebung "November 2018 - 100 Jahre unvollendete Revolution" am 8. November 2018 um 17h00 am Brandenburger Tor / Pariser Platz. Es reden: Bodo Zeuner, Doris Heinemann-Brooks, Rolf Becker - http://1918unvollendet.blogsport.eu/ -

• Berlin: "Chemiewaffen-Einsätze in Syrien - Aufklärung der Fakten und völkerrechtliche Konsequenzen“ am 23.11.2018, 19h30 - 21h30, Humboldt-Universität, Unter den Linden 6, 10999 Berlin, Hauptgebäude, Raum 2094 mit Jan van Aken, Botschafterin Susanne Baumann, Gerhard Baisch. Moderation: Otto Jäckel; Veranstalter: IALANA - https://www.ialana.de/aktuell/veranstaltungen/veranstaltungen-in-2018/2334-chemiewaffen-einsaetze-in-syrien-aufklaerung-der-fakten-und-voelkerrechtliche-konsequenzen

• Hamburg: Veranstaltungsreihe des FSR Jura "Packende Prozesse": 28.11.2018 - G20 - Ein Festival der Demokratie? mit Alexander Kienzle, Rechtsanwalt und Mitglied im G20 Legal Team und am 11.12.2018 - Menschenrechte vs. CIA-Gefängnisse in Europa - Eine Bestandsaufnahme nach 70 Jahren der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit Bernhard Docke, Rechtsanwalt von Murat Kurnaz und Prof. Dr. Florian Jeßberger jeweils um 18h00 im Hörsaal des Rechtshauses, Rothenbaumchausse 33.

Bundessekretariat der VDJ zieht um

Ab 01.01.2019 ist das Bundessekretariat der VDJ unter der Anschrift Corneliusstr. 6, 47798 Krefeld zu erreichen.

Termine - Veranstaltungen

• Berlin: Kundgebung "November 2018 - 100 Jahre unvollendete Revolution" am 8. November 2018 um 17h00 am Brandenburger Tor / Pariser Platz. Es reden: Bodo Zeuner, Doris Heinemann-Brooks, Rolf Becker - http://1918unvollendet.blogsport.eu/ -

• Berlin: "Chemiewaffen-Einsätze in Syrien - Aufklärung der Fakten und völkerrechtliche Konsequenzen“ am 23.11.2018, 19h30 - 21h30, Humboldt-Universität, Unter den Linden 6, 10999 Berlin, Hauptgebäude, Raum 2094 mit Jan van Aken, Botschafterin Susanne Baumann, Gerhard Baisch. Moderation: Otto Jäckel; Veranstalter: IALANA - https://www.ialana.de/aktuell/veranstaltungen/veranstaltungen-in-2018/2334-chemiewaffen-einsaetze-in-syrien-aufklaerung-der-fakten-und-voelkerrechtliche-konsequenzen

• Hamburg: Veranstaltungsreihe des FSR Jura "Packende Prozesse": 28.11.2018 - G20 - Ein Festival der Demokratie? mit Alexander Kienzle, Rechtsanwalt und Mitglied im G20 Legal Team und am 11.12.2018 - Menschenrechte vs. CIA-Gefängnisse in Europa - Eine Bestandsaufnahme nach 70 Jahren der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit Bernhard Docke, Rechtsanwalt von Murat Kurnaz und Prof. Dr. Florian Jeßberger jeweils um 18h00 im Hörsaal des Rechtshauses, Rothenbaumchausse 33.

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