VDJ Info 15/2020 vom 18.10.2020

Hans-Litten-Preisverleihung an Dr. Rolf Gössner

Wenn der Preisträger aus einem "Risikogebiet" in anderes "Risikogebiet", nämlich Frankfurt/ M. mit Übernachtung anreisen soll, kann es zu Irritationen kommen, die sich aber glücklicherweise nicht verstetigt haben.

So konnte denn der Hans-Litten-Preis an Rolf Gössner in einer würdigen Zeremonie mit Gästen vor Ort und parallelem Livestream verliehen werden.

In seinem Prolog würdigte Joachim Kerth-Zelter Gössners jahrzehntelangen, engagierten Einsatz für die Verteidigung von Demokratie und Rechtstaat, der in seinem ganzen beruflichen und rechtspolitischen Schaffen und Wirken wiederzufinden sei und unterstrich in jüngster Zeit insbesondere seine an demokratischen Rechten wie dem Versammlungsrecht orientierte Kritik an den Corona-Maßnahmen und die Forderung der Rückbindung dieser Maßnahmen an die Grundprinzipien der Demokratie.

Rupert von Plottnitz hob in seiner Laudatio das besondere Gespür von Rolf Gössner für die Gefahren und Risiken, die den Grundrechten auch in der Demokratie drohen, wenn die Staatsgewalt, sei es als Legislative, als Exekutive oder als rechtsprechende Gewalt, der Versuchung erliegt, sich zu Gunsten eigener Statusinteressen zu verselbstständigen und zu verabsolutieren. Wo immer in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Gesetzgeber, Behörden oder Gerichte glaubten, sich im angeblichen Interesse des Staatswohls über die Grundrechte hinwegsetzte zu können, hat er öffentlich und laut widersprochen. Dies habe insbesondere beim Verfassugsschutz "für einen veritablen Verfolgungsfuror gesorgt", bei dem er "38 Jahre lang das gar nicht mehr geheime Objekt der Begierde des Verfassungsschutzes war". "Die Vorgänge um den NSU, die Ermordung Walter Lübckes oder die Anschläge von Halle und Hanau zeigen, dass und warum es blauäugig wäre, sich derzeit beim Schutz der Demokratie auf die Behörden des Verfassungsschutzes zu verlassen. Wichtiger sind Repräsentanten der Zivilgesellschaft, die den Schutz der Demokratie und der in ihr verbürgten Grundrechte zu ihrer eigenen Sache machen. Das hat Rolf Gössner wie kein zweiter getan und tut es noch, mit Mut, Beharrlichkeit und Leidenschaft. Deshalb hat er den Hans-Litten-Preis, der ihm heute verliehen wird, in jeder Beziehung verdient."

Rolf Gössner nahm in seiner Preisrede auf, dass VDJ und ihn nicht allein menschenrechtliche, soziale, demokratische und antifaschistische Grund­überzeugungen verbinden, "sondern auch unsere gemeinsamen Erfahrungen mit einer geheimen staatlichen Institution, die auf den euphemistischen Tarnnamen „Verfassungsschutz“ (VS) hört. Denn beide, sowohl VDJ als Organisation als auch ich als Individuum, waren jahre- und jahrzehntelang im Visier dieses Inlandsgeheimdienstes". So ging Rolf Gössner zunächst auf den Verfahrensverlauf und Stand seines Klageverfahrens gegen den "Verfassungsschutz" ein, das bereits 15 Jahre dauert und auf das Thema "Menschenrechte und Demokratie im Ausnahmezustand", insbesondere auf die Verhältnis- und Verfassungsmäßigkeit von Corona-Abwehrmaßnahmen sowie auf die so schwierige offene Debatte in der "Corona-Krise".

Die Laudatio von Rupert von Plottnitz wurde auch in der Frankfurter Rundschau und die Preisrede von Rolf Gössner in der Zeitung Junge Welt veröffentlicht.

Tagung des AK Arbeitsrecht: 100 Jahre Betriebsverfassung

Die Herbstattagung des AK Arbeitsrecht zu "100 Jahren Betriebsverfassung" präsentierte sich dieses Mal in einem spannenden Mix aus Präsenzform mit 30 Teilnehmer*innen und Videoübetragung mit 100 Teilnehmer*innen, die interaktive Beteiligung einschloss. Neben einem historischen Vortragsblock mit Axel Weipert zum "Betriebsrätegesetz von 1920 - Historischer Fortschritt oder Niederlage der Arbeiterbewegung? Einschätzung der Rätebewegung und heutige Perspektiven" und Joost Beerwerth zu „Betriebsgemeinschaft statt Arbeiterrechte – Verhängnisvolle Kontinuitäten im deutschen Arbeitsrecht“ und anschließender Diskussion, war der zweite Teil der Veranstaltung zu „100 Jahre danach – Bestandsaufnahme Betriebsverfassung 2020“ als breite Diskussion angelegt, zu der Prof. Dr. Wolfgang Däubler und die Justiziarin der IG Metall Sibylle Wankel die Eingangsstatements hielten. Hierzu der Veranstaltungsbericht von Dr. Andreas Engelmann.

Neuer Bundesvorstand

Trotz allgemein-widriger Umstände, aber in sehr gastlicher Atmosphäre fand die Mitgliederversammlung der VDJ am 11.10.2020 im Haus der Jugend in Frankfurt/ M. statt.

Nach Diskussion der Rechenschaftsberichte und Entlastung des Bundesvorstands einschließlich der Kassiererin wurden in den neuen Bundesvorstand gewählt: Ahmed Abed (Rechtsanwalt in Berlin), Marek Beck. LL.M (Rechtsanwalt in Hamburg), Dr. Andreas Engelmann (Rechtsschutzsekretär in Frankfurt/ M.), Dr. Heiner Fechner (Wissenschaftlicher Mitarbeiter/ Universltät Bremen), Dr. Patrick Fütterer (Rechtsanwalt in Frankfurt/ M.), Manfred Hanesch (Rechtsanwalt in Darmstadt), Jens Peter Hjort (Rechtsanwalt in Hamburg), Dieter Hummel (Rechtsanwalt in Berlin), Joachim Kerth-Zelter (Rechtsanwalt in Solingen), Doreen Lindner (Referentin und Beraterin für ver.di Bildung und Beratung in Frankfurt/ M.), Prof. Dr. Udo Mayer (Hamburg), Ursula Mende (Rechtsanwältin in Krefeld), Dr. Pelin Öğüt (Rechtsanwältin in Bremen), Jürgen Schär (Oberstaatsanwalt in Dresden), Thomas Schmidt (Rechtsanwalt in Düsseldorf), David-Sebastian Schumann (Rechtsanwalt in Berlin), Irene Seifert (Rechtsanwältin in Coswig) und Lea Welsch (Referendarin in Frankfurt/ M.).

Als Bundesvorsitzender wurde Joachim Kerth-Zelter, als Bundessekretär Dr. Andreas Engelmann und als Bundeskassiererin Irene Seifert sowie als Kassenrevisor*innen Katharina F. Boehm und Helmut Borchers gewählt.

Rechtsprechung zum Beherbergungsverbot

Abgesehen davon, dass einige Bundesländer ihre Regelungen zu den "Beherbergungsverboten" auslaufen ließen oder inzwischen aufgehoben haben, bestehen sie weiterhin in fünf Bundesländern.

Mit Beschluss vom 15.10.2020 - Az. Az. 1 S 3156/20 - hat der VGH Baden-Württemberg entschieden, dass das baden-württembergische Beherbergungsverbot für Gäste aus deutschen Regionen, in denen die 7-Tage-Inzidenz von 50 neu gemeldeten SARS-CoV-2-Fällen pro 100.000 Einwohner überschritten wurde, voraussichtlich verfassungswidrig ist und daher vorläufig außer Vollzug gesetzt wird.

Ebenso entschied im Ergebnis das OVG Niedersachsen mit Beschluss vom 15.10.2020 - Az. 3 MN 371/20 -

Hierzu ein Kommentar in lto vom 15.10.2020

Das OVG Berlin-Brandenburg setzte mit zwei Entscheidungen vom 16.10.2020 - Az. 11 S 87/20 u. 88/20 - § 7 Abs. 2 der aktuellen SARS-CoV-2-Umgangsverordnung des Landes Brandenburg außer Vollzug.

Anders hat das OVG Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 15.10.2020 - Az. 3 MR 45/20 - entschieden, die Erfolgsaussicht für den Eilantrag als offen beurteilt und maßgeblich darauf abgstellt, dass bei einer Außervollzugsetzung "Personen aus inländischen Risikogebieten zu touristischen Zwecken unkontrolliert nach Schleswig-Holstein kommen könnten, was in Anbetracht der (...) veröffentlichten Zahlen über den Anstieg der Neuinfektionen zu relativ umgehenden Gefährdungen für das öffentliche Gesundheitswesen führen könne, zumal eine Weiterverbreitung des Coronavirus oft unentdeckt und schwer kontrollierbar erfolge".

Vergleichbar ablehnend hat auch das VG Hamburg mit Beschluss vom 16.10.2020 -  Az. 6 E 4297/20 - entschieden.

Lesens- und Sehenswertes:

• Lesenswert: Die Broschüre von Dr. Rolf Gössner zu "Menschenrechte und Demokratie im Ausnahmezustand - Gedanken und Thesen zum Corona-Lockdown, zu 'neuer Normalität' und den Folgen", Hrsg. Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e. V., Ossietzky Verlag GmbH, 52 S., Preis: 3 € bestellbar bei: ossietzky@interdruck.net

Wir werden die Broschüre zeitnah an alle Mitglieder versenden, empfehlen aber zugleich zusätzliche Bestellung für Freund*innen und Kolleg*innen.

• Sehenswert: In der 3. Staffel der ARD/ Das Erste-Serie von "Babylon Berlin" (insbesondere Folgen 21 ff) hat der Rechtsanwalt Hans Litten einen speziellen Part. Die 3. Staffel ist ebenso wie die vorherigen Staffeln in der Mediathek von Das Erste eingestellt.

Rechtsanwält*in im Arbeits-/Betriebsverfassungsrecht gesucht

BGHP - Berger Groß Höhmann Partnerschaft von Rechtsanwält*innen mbB

Wir sind eine Kanzlei für Arbeitsrecht, Erbrecht und Sozialrecht. Im Arbeitsrecht sind wir spezialisiert auf die Beratung von Arbeitnehmer*innen und Arbeitnehmervertretungen.

Zur weiteren Verstärkung unseres Arbeitsrechtsteams suchen wir vorzugsweise Rechtsanwält*innen mit arbeitsrechtlichen Vorkenntnissen, die bestenfalls durch Fachanwaltstitel oder erfolgreiche Teilnahme am Lehrgang, arbeitsrechtliche Ausbildungsschwerpunkte oder Prädikatsexamina belegt sind.

Wir freuen uns, wenn Sie kommunikative Stärken, Freude an der Beratung und einschlägige erste Berufserfahrung mitbringen. Aber auch Berufsanfänger*innen sind willkommen. Eine Anstellung in Teilzeit ist möglich. Falls Sie Interesse an einer Mitarbeit in unserem Team haben, freuen wir uns auf Ihre Bewerbung an: personal@bghp.de

Homepage: https://www.bghp.de/

Wenn Sie auf "Akzeptieren" klicken, stimmen Sie der Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät zu, um die Navigation auf der Website zu verbessern und die Nutzung der Website zu analysieren. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzrichtlinie Datenschutzrichtlinie