VDJ Info 10/2021 vom 26.07.2021
VDJ kritisiert Nichtzulassung der DKP zur Bundestagswahl als rechtswidrig und politisch
In einer Stellungnahme vom 16.07.2021 kritisiert die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) die Entscheidung des Bundeswahlausschusses, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) wegen vermeintlicher Verstöße gegen das Parteiengesetz nicht zur Bundestagswahl 2021 zuzulassen. Der Beschluss des Bundeswahlausschusses, der DKP wegen Verstößen gegen die Frist zur Einreichung von Rechenschaftsberichten ihre Stellung als Partei abzuerkennen, geht über die Regelung des Parteiengesetzes in klar rechtswidriger Weise hinaus. Der Beschluss kommt in der Wirkung einem Parteiverbot nahe und unterminiert den hohen Schutzstandard für politische Parteien unter der Geltung des Grundgesetzes. Die Stellungnahme der VDJ findet sich hier.
Dazu: Interview mit Joachim Kerth-Zelter in der Jungen Welt zum Kalten Parteiverbot
Der Bundesvorsitzende der VDJ, Joachim Kerth-Zelter, hat die Argumente der VDJ gegen die Nichtzulassung der DKP zur Wahl und gegen die Aberkennung der Stellung als Partei in einem Interview mit der Jungen Welt vom 21.07.2021 zusammengefasst und erläutert. Er zeigt, dass es für den Entzug der Stellung als Partei an einer gesetzlichen Grundlage fehlt, dass das Vorgehen mit der Verfassung nicht vereinbar ist und in eine gewisse bundesrepublikanische Tradition des Antikommunismus eingeordnet werden muss. Das ganze Interview kann hier nachgelesen werden.
"Zugang nur nach Prüfung durch Polizei und Verfassungsschutz" - RAV kritisiert Pläne zur Verschärftung des bayerischen Polizeigesetzes
Der Republikanische Anwältinnen und Anwälteverein (RAV) hat in einer Pressemitteilung vom 16.07.2021 die drohende Verschärfung des bayerischen Polizeigesetzes kritisiert, nach der der Zugang zu Veranstaltungen und Veranstaltungsreihen, zu Amtsgebäuden oder die Akteneinsicht von einer nebulösen "Prüfung der Zuverlässigkeit" der die Infrastruktur nutzenden Person abhängig gemacht werden soll. Dieser Vorschlag dient nach Auffassung des RAV als Türöffner zur Ausforschung durch Polizei und Verfassungsschutz [sic!]. Der RAV sieht darin einen weiteren Meilenstein auf dem Weg in die polizeiliche Kontroll- und Überwachungsgesellschaft, auf dem der Freistaat Bayern erneut eine Vorreiterstellung einnehmen will. Die vollständige Erklärung findet sich hier.
BVerfG: Ablehnung eines Befangenheitsantrags gegen einen rechten Asylrichter offensichtlich unhaltbar
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 1. Juli 2021 festgestellt, dass die Ablehnung eines Befangenheitsantrags gegen einen Richter in einem Asylverfahren, der zuvor ein anderes Urteil mit klar migrationsfeindliche Positionen begründet hatte, offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich ist und gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstößt. Der Richter hatte in dem anderen Verfahren entschieden, dass die NPD ein Wahlplakat mit rechtsradikalem und hetzerischem Inhalt nicht abhängen müsse. Die Pressemitteilung des Gerichts findet sich hier.
Leseempfehlung: Rolf Gössner, Datenkraken im Öffentlichen Dienst
In seiner neuesten Publikation zeichnet der Jurist und Bürgerrechtler Rolf Gössner den bundesdeutschen Weg in den präventiv-autoritären Sicherheits- und Überwachungsstaat nach. Die »Antiterrorpolitik« und »Sicherheitsgesetze«, Überwachungs- und Aufrüstungsmaßnahmen stellen für Gössner Meilensteine auf dem Weg einer fatalen Entwicklung im Namen der Sicherheit dar, in der neue Sicherheitsdispositive stets auf Kosten von Freiheit gehen. Das Buch ruft im ersten Teil die Preisträger der jährlichen Vergabe des negativen BigBrotherAward an staatliche Stellen und politische Institutionen in Erinnerung, die mit immer neuen Anlässen ihre Überwachungskompetenzen ausbauen und Bürger:innenrechte aufweichen, und aktualisiert die Themen. Im zweiten Teil des Buches geht Gössner über die Einzelanalysen hinaus und entwirft ein Gesamtbild der grund- und freiheitsgefährdenden »Sicherheitsentwicklung« nach fast 20 Jahren Antiterrorkampf. Es geht Gössner "um den allmählichen, zeitweise rasanten Prozess der inneren Aufrüstung, der Entgrenzung und Entfesselung staatlicher Macht und der Militarisierung der »Inneren Sicherheit«." Dieses neue Sicherheitsdispositiv bestimmt für Gössner nicht nur die Verwandlung und Militarisierung der Polizei in Kriminalitätsbekämpfung, sondern auch die Pandemiebekämpfung, die mit autoritativen Mitteln und umstandloser Aufhebung von Bürger:innenrechten operiert. Gleichzeitig möchte das Buch Lösungsansätze ausweisen. Die vollständige Einleitung des Buches kann hier nachgelesen werden. Wir verzichten auf Bestelllinks und verweisen auf den lokalen Buchhandel.
Save the date: European Lawyers for Workers-Konferenz "Labour rights & the digital transition" am 28.-29. Oktober 2021
Die Wirkung von Digitalisierungprozessen auf die Welt der Arbeit streitet voran und wird in Zukunft noch eindringender sein. Künstliche Intelligenz kann ein Faktor sein, der die Arbeitsorganisation, Produktionsbedingungen und Auswertung von Arbeitsprozessen verbessert. Auf der anderen Seite gehen damit neue Probleme einher: Überwachung der Beschäftigten, Auswirkungen auf Gesundheit und Arbeitsicherheit und die Selbstorganisation der Arbeiter:innen. Gleichzeitig gewinnen neue Geschäftsmodelle wie die Plattformökonomie an Boden und große digitale Marktplätze verändern durch ihre Marktstellung den Arbeitsmarkt und die Arbeitsbeziehungen. Wie angesichts dieser Entwicklungen die Rechte der Beschäftigten verteidigt und ausgebaut werden können, ist Gegenstand einer internationalen Tagung der ELW am 28.-29.10.2021. Der Link zur Veranstaltungen ist hier. Weitere Informationen folgen.
Save the date: Kritjur-Tagung "No way out? Recht und Emanzipation" am 30. und 31. Oktober 2021 in Hamburg
Nach mehreren Verschiebung ist es nun endlich soweit: Der mittlerweile sechste Kritjur-Kongress wird am 30./31.10.2021 in Hamburg stattfinden. Das Wochenende steht unter dem Titel "(No) way out? - Recht und Emanzipation". Geplant ist der Kongress als Präsenzveranstaltung, was aber natürlich unter Vorbehalt steht. Die Planungen für das Programm laufen und sind schon weit vorangeschritten. Wer noch Wünsche oder Vorschläge hat, kann sich aber gerne an das Orga-Team wenden. Der Kongress richtet sich wie immer nicht nur an Jurist:innen, alle Interessierte sind herzlich willkommen. Bei Bedarf wird es eine Kinderbetreuung geben. Aktualisierte Infos finden sich auf der Kritjur-Seite hier.
Großdemonstartion von #unteilbar am 04.09.2021 in Berlin: Für eine gerechte und solidarische Gesellschaft!
Am 4.9.2021 ruft das zivilgesellschaftliche Bündnis #unteilbar zu einer Kundgebung in Berlin auf. Die Missstände, Armut und Existenzängste, spitzen sich weiter zu, Menschenfeindlichkeit und Rassismus finden weiterhin Zustimmung. Das Bündnis ist der Auffassung, dass es so nicht weitergeht und ruft dazu auf, auf die Straße zu gehen, um ein Zeichen zu setzen gegen soziale Spaltung und für eine Gesellschaft, in der alle Menschen ohne Angst selbstbestimmt leben können und in der das Wohl aller im Mittelpunkt steht. Die VDJ plant sich am Demoblock "Demokratie, Bürgerrechte & Menschenrechte" zu beteiligen und freut sich über alle Kolleg:innen, die sich dazu gesellen wollen. Der Aufruf des Bündnisses, der weiter aktualisiert werden wird, findet sich hier.